DIE TOTGESCHWIEGENE DIMENSION
The Hushed Up Dimension

VIII.

DIE INSTRUMENTALISIERUNG DER DEUTSCHEN "VOLKSGRUPPEN" IM SINNE DES NATIONALSOZIALISTISCHEN EXPANSIONISMUS UND DIE ANDAUERNDEN WIDERSTAENDE GEGEN DIE OFFENLEGUNG DIESER HISTORISCHEN TATBESTAENDE


Mit der Erlaubnis des Netzes fuer Historiker HSoz&Kult der Humboldt-Univetsitaet Berlin und des Rezensenten Michael Fahlbusch (Bern) veroeffentlichen die "Kritischen Blaetter zur Geschichtsforschung und Ideologie" den Rezensionstext zu
Michael Fielitz, Das Stereotyp des Wolhyniendeutschen Umsiedlers. Popularisierungen zwischen Sprachinselforschung und nationalsozialistischer Propaganda, Marburg 2000, der am 15.04.2002 ins netz gespeist wurde. Die fuer den siebenbuergisch-saechsischen bzw. rumaeniendeutschen Kontext besonders aufschlussreichen und gleichzeitig zutreffenden Textstellen sind fett wiedergegeben. Die Anmerkungen stammen saemtlich von Klaus Popa.

From:    Michael Fahlbusch <fifa@swissonline.ch>
Date:    08.04.2002
Subject: Rez. NS: W. Fielitz: Das Stereotyp des Wolhyniendeutschen
         Umsiedlers
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Fielitz, Wilhelm: Das Stereotyp des Wolhyniendeutschen Umsiedlers.
Popularisierungen zwischen Sprachinselforschung und
nationalsozialistischer Propaganda (= Schriftenreihe der Kommission für
deutsche und osteuropäische Volkskunde in der Deutschen Gesellschaft für
Volkskunde e.V. 82). Marburg: N.G. Elwert Verlag  2000. ISBN
3-7708-1158-5; 409 S.; EUR 25,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Michael Fahlbusch
E-Mail: <fifa@swissonline.ch>

In Zeiten politischer Anspannung haben stereotype Vorstellungen
Hochkonjunktur: vor Kurzem drängte sich die Notwendigkeit auf, die Welt
in "Gut" und "Böse" zu unterteilen und damit kulturelle Differenzen
durch religiöse Verbrämungen zu vertiefen, wo man politische und soziale
oder einfach kriminelle Verhaltensmuster an und für sich meinte.

Dessen ungeachtet befördern nach Adorno ("Was ist deutsch") stereotype
Begriffe den "kollektiven Narzismus". "Auslandsdeutsche" und
"Heimatvertriebene" sind eine geeignete Plattform, langfristig
politische Interessen durchzusetzen. Umso mehr mag man unweigerlich
aufhorchen, wenn der Bundeskanzler dieses Thema aus tagespolitischem
Gutdünken einmal mehr zur Chefsache erklärt. Die neuerliche Hingabe
deutscher Politiker an die Deutschtumslegende tangiert diesmal
tschechische und slowakische Interessen direkt. Es geht darum, wie
osteuropäisches Unrecht, die Benes-Dekrete, die die Aussiedlung der
Deutschen/Österreicher aus der Tschechoslowakei 1945/46 festlegten,
aufgehoben werden können. Einer mit deutschen Rechtsansprüchen auf
verlorengegangene "Heimat" verbundenen Zurücknahme dieser Dekrete,
darüber sind sich die Beteiligten im klaren, würde unweigerlich zu einer
neuerlichen Erosion staatlicher Grenzen zugunsten ethnischer oder
präziser wirtschaftlicher Ansprüche führen: sie kämen einer
Destabilisierung dieser "jungen" EU-Beitrittsländer gleich.

Zweifelsohne war bisher das Schicksal der aus den einstigen
Siedlungsgebieten jenseits der Reichsgrenzen von 1937 eher ein
gesellschaftliches Randthema, obwohl es angesichts der Flut der vom
Vertriebenen- und Innenministerium unterstützten Publikationen in der
Vergangenheit gefördert wurde. Im Anbetracht des vorangegangenen
nazistischen Unrechts und der Greueltaten an Juden und "minderwertigen"
Osteuropäern galt es bisher zumindest in sozialdemokratischen und
liberalen Kreisen als taktvoll gegenüber den osteuropäischen Staaten,
das Thema der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa nicht
plakativ zu diskutieren. Die Verdrängung und Tabuisierung eines ganzen
Abschnittes deutscher Geschichte hat jedoch ein Vakuum erzeugt, das
nunmehr eine intelligente Spielart des Rechtsextremismus weidlich
ausnutzt, auch zur Rekrutierung von Nachwuchs. Unabhängig von der
jeweiligen politischen Notwendigkeit dient der per Grundgesetz
abgesicherte Status des Heimatvertriebenen als Mittel zur politischen
Instrumentalisierung, billigstenfalls zur Rekrutierung von Wählerstimmen
im nahenden Wahlkampf.
Wie solcherart Stereotypen in Deutschland entwickelt wurden, zeigt die
Dissertation des Volkskundlers Wilhelm Fielitz. Sie behandelt die
Entstehung des Stereotyps des Wolhyniendeutschens in den 1920er bis 40er
Jahren. Ziel dieser Arbeit ist es, die Entstehung des Begriffs und die
zunehmende propagandistische Ausnutzung einer Menschengruppe
nachzuvollziehen. Das Kompositum "wolhyniendeutsch" gelangte erst in der
zweiten Hälfte der 1930er Jahre in das Arsenal von ns-Kampfbegriffen wie
etwa der "Volksdeutsche" 1936 und ist wie auch "sudetendeutsch" etc.
noch bis heute durchaus gebräuchlich (95f.).1
Die von "Volksforschern" durchgeführten Studien über die
"Volksdeutschen" werden vor dem Hintergrund der Migrationsforschung
kontextualisiert. Einleitend entwickelt Fielitz eine soziologische
Bewertung des ethnischen Konflikts, der aus der Konkurrenz um Ressourcen
als primärer Auslöser entsteht (19-23). Im Gegensatz zu den
Baltendeutschen verfügten die Wolhyniendeutschen nicht über eine
besondere soziale Stellung, so dass die NS-Umsiedlungsaktion der
"Wolhynier" einem besonderen Siedlungs-Experiment gleichkam (Cultural
Engineering).2

Fielitz bezieht den Begriff des Stereotyps in die Kulturpropaganda
Deutschlands ein. Der Ansatz beruht auf der vom amerikanischen
Publizisten Walter Lippmann durchgeführten Analyse der Erfahrungen des
I. Weltkriegs und den anschließenden Friedensverhandlungen. Dieser
beschrieb mentale Bilder, die nur teilweise auf Wahrnehmung zurückgehen.
Stereotypen können demnach unabhängig davon elementaren
Handlungsentscheidungen zur Verteidigung auch irrationaler
gesellschaftlicher Positionen zum Durchbruch verhelfen (27ff.). Die
Einführung des Begriffs in die neuere kulturwissenschaftliche Diskussion
erfolgte im Zusammenhang mit der Diskursanalyse. Fielitz arbeitet in
seiner Diskursanalyse sowohl mit Publikationen und Publikationsorganen,
als auch mit einer Netzwerkanalyse, um dem Verhältnis der Autoren
untereinander nahe zukommen.
Bei den Autoren handelt es sich um keine Geringeren als den in der
Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft tätigen Alfred Karasek,3 den in
der Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft führenden
Wolhynienexperten Walter Kuhn und den Maler Otto Engelhardt-Kyffhäuser.
Gemeinsam ist diesem illustren Kreis von "Experten", dass sie sich in
mehr oder weniger starkem Umfang mit der Definition ihres
Forschungsobjektes als auch intensiv um dessen Schicksal vor während und
nach dem Dritten Reich politisch befasst haben.

In der lange Zeit verschwiegenen Zusammenarbeit der Ostforscher mit den
zuständigen Umsiedlungsstellen der SS sieht Fielitz einen Grund, warum
dieses Thema bisher keine besondere Beachtung in der Öffentlichkeit
fand. Auch die Umstände ihrer An- und Umsiedlung, die mit der Arisierung
und der Enteignung der vertriebenen "fremdvölkischen" Einwohner
einherging, blieb sehr lange im unklaren. Damit werde bis in die
Gegenwart die Verkehrung von Opfer- und Täterrollen durchgehalten (16).
Als Problem filtert er heraus, dass die an den Arisierungen in den von
Deutschen besetzten Gebieten Beteiligten vermieden, darüber in der
Nachkriegsgeschichte zu berichten, um ihrer Opferrolle gerecht zu werden
(17). Hier erscheint mir jedoch überlegenswert, inwieweit ein Grund auch
in dem Lastenausgleich liegt, den das Vertriebenenministerium in der
Nachkriegszeit durchsetzte. Zentral in der Argumentation wiegt, daß
breite deutsche Bevölkerungsteile eine Beteiligung an der Kriegsbeute
zumindest in Polen in Aussicht gestellt worden war (18).
Kapitel 1 geht auf die Wolhyniendeutschen Diskurse vor der Umsiedlung
bis 1939 ein. Erste Ansiedlungen von Wolhyniern fanden bereits 1906 nach
der russischen Revolution im Baltikum unter ökonomischen Gesichtspunkten
statt. Die billigeren Russlanddeutschen boten für die
Ansiedlungskommission die kostengünstigere Lösung (42). Sowohl im
Baltikum als auch in Posen und Westpreußen zielten die Maßnahmen darauf,
den deutschen Anteil an der Bevölkerung zu stärken. Allerdings
scheiterte dieser Versuch damals, weil viele enttäuschte Umsiedler
zurückkehrten oder nach Nordamerika auswanderten. In diesem Zusammenhang
spielt das Stereotyp der kulturellen Überlegenheit der Deutschen eine
zweifelhafte aber nicht zu unterschätzende Rolle (64).

Nach dem I. Weltkrieg nahmen die Kirchen sozialpolitische Aktivitäten
auf. 1926 kam die erste Wolhynienfahrt der Volkstumsforscher zur
Unterstützung der Volksdeutschen zustande. Sie wurde organisiert vom
Bielitzer Wandervogel Walter Kuhn, der als erster Doktorand aus der
volkskundlichen Schule Arthur Haberlands in Wien hervorgehen sollte. Die
Zusammenstellung der Aktiven um Kuhn: Alfred Karasek, Josef Lanz, Helmut
Zipser, Kurt Lück, Viktor Kauder und Hermann Rauschning bildet eine
Bereicherung der bisherigen Ausführungen von Peter Nasarski, Ulrich
Linse und Ingo Haar über die "Geburtsstunde" der völkischen
Wissenschaftler.
Soziale Analysen der deutschstämmigen Bauern schienen die
Wolhynienforscher weniger zu interessieren. Vielmehr wurde der in
Südost- und Osteuropa vorherrschende Antisemitismus von den
Volksforschern bereits 1926 ökonomisch begründet. Sie hielten den Juden
vor, sie seien für die schlechte ökonomische Situation der
Deutschstämmigen verantwortlich (54, 58, 62). Neben dem bereits vor 1933
ausgeprägten Antisemitismus leitete der Ethnozentrismus insbesondere bei
Walter Kuhn die pejorative Bewertung der Osteuropäer, während Kurt Lück
auf die kulturelle "Aufwertung" der Volksdeutschen setzte.

Diese stereotypen Vorstellungen über die kulturelle Situation der
Volksdeutschen waren in dem Netzwerk vertreten, wie die Analyse der
zentralen Einrichtungen bestätigt. Fielitz pflichtet damit den
Ergebnissen der neueren Forschungen über die personen- und
institutionengeschichtlichen Analysen bei. Zentral erscheint mir seine
Einstufung der Volkstumsforschung in die Kulturindustrie4 (73 und 300).

Zu den jüngeren Volksforschern zählte Kurt Lück. Er wurde als
Mitarbeiter der NOFG Berater bei der Ansiedlung der Wolhynien-Umsiedlung
und leitete bis März 1940 die Geschäftsstelle der Volksdeutschen in
Posen, welche Bescheinigungen über die Volkszugehörigkeit ausstellte.
Danach gehörte er einem SS-Einsatzkommando an. Er kam 1942 bei der
"Partisanenbekämpfung" ums Leben. Eine Kurt-Lück-Stiftung erinnert noch
heute an sein fragwürdiges Vermächtnis. Walter Kuhn beriet die
Einwandererzentrale in Lodz bei der Um- und Ansiedlung der
Wolhyniendeutschen und verfasste Gutachten nach dem Überfall auf
Russland über den sowjetischen Teil Wolhyniens. Nach dem Krieg gehörte
er dem Herder-Institut in Marburg an und erhielt auf Betreiben Hermann
Aubins einen Lehrstuhl (70). SS-Obersturmführer Alfred Karasek war als
Gebietsbevollmächtigter in der Organisation der Umsiedlung von
Wolhyniendeutschen verantwortlich tätig. Später beteiligte er sich als
Experte der SODFG auch an der Umsiedlung der Bessarbiendeutschen. Er war
am Kulturgutraub im Sonderkommando Künsberg und in der Budapester Aktion
der Wiener Südostforscher des RSHA VI G gegen den jüdischen Buch- und
Antiquariatshandel 1944 tätig.

Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Stereotyp des Umsiedlers, wobei
hier die zwei Phasen der Umsiedlung zu beachten ist. Die
Quellenauswertung wird durch ein offizielles Dokument bereichert: Die
Umsiedlungsdokumentation im Völkischen Beobachter, Norddeutsche Ausgabe
1939-1940, sowie zahlreiche Darstellungen von deutschen
Umsiedlungsexperten aus dem Umfeld des VDA, DAI und der VFG. Bedeutend
sind die Organisationen deshalb, weil das DAI5 die Erlaubnis durch
Himmler erhielt, die Umsiedlungen zu dokumentieren (35ff.). Der 1. Phase
der Umsiedlung der Balten unter Leitung SS-Standartenführers Horst
Hoffmeiers in den Warthegau 1939 folgte unmittelbar in der 2. Phase die
Ansiedlung der Menschen aus Wolhynien, Galizien und dem Narewgebiet
(100ff). Deutlich legt Fielitz in seiner Diskursanalyse dar, wie die
Propagandamedien darum bemüht waren, die Umsiedlung nicht als Chaos
erscheinen zu lassen, sondern als wohl organisiert. Dem nunmehr
"Rückkehrern" bezeichneten Volksdeutschen wurden Adjektive wie einfach,
hart und zäh beigestellt, die mit dem Begriff "Herrenmensch" eine
besondere, aussagefähige Charakterisierung von Deutschen zu sein schien.
Diese Eigenschaften wurden laut Fielitz' Analyse der entsprechenden
Wochenschauen durch harmonische Bilder, in diesem Fall der
Wolhynienbauern, der offenbar teilweise vom SS-Ahnenerbe
zusammengestellten Filmsequenzen, ergänzt. Folgerichtig lautet sein
Resümee über das Identitätsmanagement der Propaganda, dass sie sowohl
zur Manipulation der geschichtlichen Identität als auch der Manipulation
der Umsiedlung selbst und der Wünsche der Siedler beigetragen habe.6 Man
möchte ergänzen, auch zur Verharmlosung der Vertreibung und Arisierung
der zwangsausgesiedelten polnischen Einwohner.

In Kapitel 3 zeichnet Fielitz die Geschichte der Umsiedlung und der
engen Zusammenarbeit mit Horst Hoffmeier und Werner Lorenz von der Vomi,
aber auch anderen beteiligten NS-Apparaten anhand der Archivalien des
DAI nach und bietet damit eine wertvolle Ergänzung der Studie Ernst
Ritters, die 1977 erschienen ist.

Das Kapitel 4 ist dem Maler Otto Engelhardt-Kyffhäuser und Autor des
populären Bildbandes "Das Buch vom großen Treck", welches er zusammen
mit Alfred Karasek und Heinrich Kurtz herausgegeben hatte, gewidmet. Das
Buch, von "Künstlern und politischen Kämpfern und Wissenschaftlern"
erarbeitet, erreichte innerhalb eines Jahres in der zweiten Auflage
45.000 Exemplare und gilt als ein Bestseller des Verlages Grenze und
Ausland, einem Ableger des VDA. Auch hier geht Fielitz unkonventionelle
Wege, indem er die Akten des Amtsgerichts Berlin Charlottenburg
auswertet, um dem Netzwerk der Volkstums-Kulturindustrie nahe zukommen.
Der Kunsterzieher Otto Engelhardt-Kyffhäuser, Jahrgang 1884, ist als
Parteigenosse und SS-Mitglied einer der renommiertesten ns-"Künstler"
gewesen, der neben seinen Bilder- und Bücherproduktionen etliche
Ausstellungen über die Umsiedlung organisierte. Als Haus- und Hofmaler
wichtiger Parteigrößen machte er sich einen Namen. Fielitz legt in der
anschließenden Analyse diverser historisch narrativer
Sterotypenbildungen in dem Buch vom großen Treck auch die Verbreitung
der Ergebnisse dieses Buches überzeugend dar.

Fielitz untersucht mit dieser historische Zäsuren übergreifenden Arbeit
einen wichtigen Diskurs, der den "Aufbau eines plausiblen Sinns in einem
entstehenden semantischen Feld 'deutschsprachige Bevölkerung
Wolhyniens'" begünstigt (300). Dabei ist bis heute noch immer nicht
hinreichend geklärt, welche Rollen Experten der deutschen Ethnopolitik
neben solch zentralen Figuren der Vertriebenenpolitik wie Theodor
Oberländer und SS-Hauptsturmführer Hans-Joachim Beyer7 tatsächlich
gespielt haben: SS-Sturmbannführer Kurt Oberdorffer, Werner Essen,
SS-Untersturmführer Jürgen von Hehn, Georg Leibbrand, Karl Stumpp8,
SS-Untersturmführer Fritz Valjavec, SS-Hauptsturmführer Kurt Lück,
SS-Hauptsturmführer Wilfried Krallert und Franz Stanglica.9 Die Liste ist
noch nicht abgeschlossen. Daran ändern auch die scharfen Kritiken
Heinrich August Winklers oder des Verwaltungsbeamten Erich Mühle nichts,
die rein hermeneutisch motivierte Rückzugspositionen darstellen. Zu groß
ist noch immer der Widerstand in Deutschland, sich des Themas umfassend
anzunehmen, stellt es doch wichtige Legenden deutscher
Nachkriegsgeschichte in Frage.10

Zu groß sind die Defizite der deutschen Ost- und Südostforschung, ihre
braunen Altlasten abzutragen, die immer unerträglicher für einen
europäischen Integrationsprozess werden. Die deutsche Seite wird
Nachholbedarf haben angesichts des Fortschritts der internationalen
Forschung, welche diese Thematik interdisziplinär längst bearbeitet, wie
vergangenen September in der ungarischen Akademie der Wissenschaft in
Budapest. Die Zeit ist in der deutschen Forschungsverwaltung reif, ihre
alten Pfründe aufzugeben, angesichts politischer Deklamationen gegenüber
den osteuropäischen Nachbarn, die nicht mehr so einfach hingenommen
werden.
 

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Vera Ziegeldorf <ZiegeldorfVera@geschichte.hu-berlin.de>

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1 Dasselbe gilt auch fuer den Begriff "Donauschwaben", der ebenfalls in der NS-Zeit gepraegt und auch heute noch benutzt wird. (Anm. K. Popa)

2 Dasselbe gilt uneingeschraenkt auch fuer die 1940 umgesiedelten Bessarabien-, Bukowina und Dobrudschadeutschen. (Anm. K. Popa)

3 Alfred Karasek ist ein oft in den "Suedostdeutschen Vierteljahresblaettern", dem Organ des Suedostdeutschen Kulturwerks Muenchen in den 60er bis 80er Jahren belobigter Volkskundler. Seine Einsaetze in verschiedenen Sonderkommandos, die sich mit dem Kulturraub in den von den Deutschen besetzten Gebieten Polens und Russlands beschaeftigten, werden natuerlich ganz ausgespart. (Anmerkung K. Popa)

4 Diese Dimension charakterisierte auch die siebenbuergisch-saechsische wie banatschwaebische Volkstumsforschung in den 20er Jahren bis 1944. (Anm. K. Popa)

5 Das Deutsche Auslands Institut in Stuttgart, dessen Leiter der Siebenbuerger Sachse Richard Csaki bis 1941 war. D.h., dass die Aus- und Umsiedlung der Wolhyniendeutschen noch in Csakis Amtszeit erfolgte (Anm. K. Popa).

6 Diese Feststellungen treffen auf die "Heimkehr ins Reich" der Bukowina-, Bessarabien- und Dobrudschadeutschen uneingeschraenkt zu. Auch die Printmedien der "Deutschen Volksgruppe in Rumaenien" pflegten denselben propagandistischen Stil, indem sie reich bebilderte Beitraege ueber die Umsiedlungen brachten (z.B. die Monatsschrift "Volk im Osten", Bukarest). Nur Textbeitraege brachte die in Wien unter der Schriftleitung von Arnold Weingaertner erscheinende Monatsschrift "Nation und Staat", z.T. aus der Feder des Schriiftleiters (Vgl. Die totgeschwiegenen Dimension VII)(Anm. K. Popa)

7 Hans Joachim Beyer war ein zielstrebiger "Bevoelkerungspolitiker", der vor allem das Problem der Germanisierung des slawischen Mitteleuropa (Tschechei, Slowakei, Polen) und Osteuropas (der Ukraine und Russlands) theoretisierte. Auch auf der von der SS dominierten Prager Deutschen Universitaeat spielte er eine Schluesselrolle. Nach dem 2. Weltkrieg war Beyer ein gern gesehener Gast seiner früheren Freunde und Forscherkollegen, die sich in der Suedostdeutschen Historischen Kommission zusammengeschlossen hatten, wie Fritz Valjavec (zu diesem vgl. Fritz Valjavec (1909-1960) oder »Ueber die "deutsche Wissenschaft" als nachrichtendienstliche Aufklaerungsarbeit« ) und der "Nestor" der Suedostforschung, der fruehere NS-Rektor der Universiataet Innsbruck, Harold Steinacker. (Anm. K. Popa)

8 Georg Leibbrand und Karl Stumpp werden in den "Suedostdeutschen Vierteljahresblaettern" fuer ihre "hervorragenden" Verdienste um die Russlanddeutschen hochgehalten. Auch diese waren an den Kulturraubzuegen der Nazis in der Sowjetunion als Mitglieder von Sonderkommandos beteiligt. (Anm. K. Popa)

9 Stanglica war Banater Schwabe.

10 Umso groesser ist der Widerstand auf landsmannschaftlicher und Institutsebene (Bukowina-Institut Augsburg; das Institut des Suedostdt. Kulturwerks in Muenchen; das "Forschungsinstitut" in Gundelsheim am Neckar).



Datei: Dimension9.html            Erstellt: 19.04.2002       Geaendert: 06.02.2003 Autor (wo nicht anders gekennzeichnet) und © Klaus Popa