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DAS
GENERALGOUVERNEMENT
3. J A H R G A N G
1943
HEFT 3
I
.
INHALTSVERZEICHNIS
f
URKRAFT DEUTSCHEN BAUERNTUMS IN GALIZIEN,
VON DR. HANS GAREIS . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
WÜRTTEMBERGER UND IHRE NACHKOMMEN IM DISTRIKT WARSCHAU,
VON DR. HERMANN ROEMER , . , , , , . . . . . . . . . .
PFÄLZISCHE GALIZIENSIEDLER SCHREIBEN BRIEFE UM 1765 .
DEUTSCHES DORF AM DUNAJEC, VON HANS J. BUJA . .
RAST VOR LENINGRAD, VON ADOLF PAUL GROSSMANN
FREIHEIT UND VATERLAND, VON RUDOLF G. BINDING
MIT MALPALETTE BEI PFÄLZER OSTKOLONISTEN,
VON KARL PHILIPP SPITZER , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
SÜDDEUTSCHE IN GALIZIEN, VON CLAUDINE TAKATS .......
WIR FLIEGEN GEGEN DIE LYDA, VON WILHELM SCHMIDT-COLINET .
BUCHBESPRECHUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
8
15
19
28
27
26
30
35 L-
40
Umschlagbild: Ansiedlerpaß und Personalausweis des aus Birkenau bei Mann-
heim gebürtigen Jägers Georg Wenzel, ausgestellt vor dessen Reise nach
Polen am 21. Januar 1183 durch Carl Fürst von Löwenstein. Beitrag: "Freiheit
und Vaterland" von R. G, Binding (Seite 21) aus: ..Gesammelte Werke",
RüUen & Loening, Potsdam
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Schriftleitung: Hauptschriftleiter Rudolf Stöppler, Krakau. Verantwortlicher Schriftleiter: Adolf Paul Großmann
(z. Z. Wehrmacht), i. V. Adolf Himmele, Krakau. Druck und Verlag: Zeitungsverlag Krakau-Warschau G. m. b. H.,
Krakau, Poststr. 1. - Auslieferung für das Generalgouvernement: Osteuropäiscbe Verlagsanstalt G. m, b. H., Krakau,
Annagasse 5; für das Reich und Ausland: Lühe & Co., Leipzig C I, An der Milchinsel 2. - Anzeigen: Werner Burg-
hardt (z. Z. Wehrmacht), i. V, Georg Putzo, Krakau. - Preis des Einzelheftes: 4 ZI. = 2 RM.
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Kohleskizze von Karl Philipp Spitzer, Speyer am Rhein
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URKRAFT DEUTSCHEN BAUERNTUMS IN GAllZIEN
Wie mir erzählt wird, ist das Sprichwort "Setze den
Deutschen auf einen Stumpf oder Stein - der Baum-
stumpf wird wachsen, der Stein wird gedeihen", in
der Ukraine entstanden, als dort in den Wolga-
gebieten und in den Gebieten am Schwarzen Meere
deutsche Siedler aus den dortigen Steppengebieten
die ertragfähigsten Weizenböden Europas im Laufe
der Jahrzehnte kultiviert hatten. Die Urkraft deut-
schen Bauerntums offenbart sich an diesem Sprich-
wort eines fremden Volkes wie selten sonst.
Trifft dieses Sprichwort auch in Galizien zu?
Ich will nicht zurückgreifen auf die ersten germani-
schen Züge in diese Ostgebiete, möchte auch nicht
von den ersten deutschen Ostsiedlungen im 12. Jahr-
hundert sprechen, die deutsche Bauern und Bürger
nach Schlesien brachten und von dort aus schritt-
weise nach dem weiteren Osten vordrangen. So ver-
dankt manche deutsche Ortschaft schlesischen Für-
sten ihre Entstehung, Daß die Städte Krakau und
Lemberg ihren Aufschwung deutschen Handwer-
kern und deutschen Kaufleuten verdanken, wurde
an dieser Stelle wiederholt dargelegt. Daß Krakau
schon 1257 mit dem Magdeburger Stadtrecht und
Lemberg 1356 mit dem deutschen Stadtrecht aus-
gestattet wurde, ist bekannt. Wie die beiden Städte
auch nach den Mongolenstürmen im 13. Jahrhundert
sich hielten und durch deutsche Tatkraft rasch wie-
der aufgebaut wurden, zeugt von der Urkraft deut-
schen Schaffens überhaupt. Die Mongolenstürme
brachten zwar einen kurzen Rückschlag, dafür war
im 14. und 15. Jahrhundert der Zustrom von d e u t-
s c h e n B ü r ger n und Bau ern auch nach G a -
li z i e n ein bedeutender. In den Städten Galiziens
war die Bürgerschaft deutsch, deutsch war die
Rechtssprache und deutsch wurde in den von Deut-
schen zahlreich erbauten Kirchen gepredigt. So
schreibt der Bischof von Przemysl im Jahre 1525:
"Die Bevölkerung unseres Landes ist aus Deutschen
und Sarmaten zusammengesetzt." Es muß immer
wieder betont werden, daß die Grundlagen des
staatlichen Lebens der materiellen wie geistigen
Kultur von den Deutschen nach Galizien gebracht
wurden.
Von einer planmäßigen deutschen Bauernsiedlung
im heutigen Distrikt Galizien kann aber erst ge-
sprochen werden, nachdem nach der Teilung Polens
1772 dieses Land an die Habsburger Krone fiel. J 0 -
se p h 11. gelang es, seine Mutter, die Kaiserin M a r i a
T her e s i a, nach anfänglichem Sträuben soweit
umzustimmen, daß sie am 1. Oktober 1774 das erste
Ans i e d I u n g s p a t e n t erließ. Durch dieses An-
siedlungspatent wollte er in erster Linie deutsche
Kaufleute und Handwerker nach Galizien bringen.
An eine Besiedlung der großen Landfläche mit deut-
schen Bauern dachte man unter Maria Theresia noch
nicht, trotzdem Joseph 11. auf seinen Reisen durch
Galizien die Notwendigkeit einer solchen Kolonisa-
tion von Anfang an erkannt hatte, Man hielt Gali-
zien in den ersten Jahren nach der Angliederung an
Osterreich immer noch für eine zweifelhafte Errun-
2
VON DR. HANS GAR EIS
genschaft, die evtI, einmal als Tauschobjekt dienen
könne.
Wie die Zustände auf dem flachen Lande damals
aussahen, überliefert uns der Reiseberich
Josephs 11,
bei seiner ersten Bereisung des Landes im Jahre 1773.
"Die Landbevölkerung wohnt in elendigen Hütten,
kaum geschützt gegen Wind und Wetter, von
Schmutz und Unrat bedeckt, unwissend, roh und ver-
kommen. Von den Adligen gleich Hunden behan-
delt, ihrer Menschenwürde zu ihrem eigenen Glück
sich noch gar nicht bewußt." Und weil er dies sah,
verschmähte er es, irgendein Schloß oder einen Edel-
hof aufzusuchen. Er übernachtete stets in seinem
militärischen Zelt. Er fand im Lande eine große Zahl
von Klöstern, welche das Beste des Landes verzehr-
ten. Er fand den niedrigen Klerus ungebildet, ohne
Sorgen um das Seelenheil der seiner Obhut anver-
trauten Pfarrkinder, häufig Ausschweifungen er-
geben. Schulen gab es im Lande nur wenige und die
wenigen dienten ausschließlich dem Bildungsbedürf-
nis des Adels. Die Landwirtschaft und das Forst-
wesen lagen im grÖßten Zerfall. In einem Schreiben
an den Gouverneur Graf Brigido klagt der Kaiser,
daß die Waldungen sich in elendem Zustand befin-
den. Um so trauriger, wenn wir bedenken, daß Ga-
lizien damals außer Salz nur Holz und Getreide ex-
portierte. Mit der Viehzucht stand es nicht minder
schlecht. Das Vieh war klein und abgemagert, weil
es selbst in der strengsten Kälte ohne Dach lag, zu
Beginn des Frühlings wurde es auf die Wiese ge-
trieben und blieb bis in den Spätherbst im Freien.
Stallfütterung war damals fast ganz unbekannt.
Joseph 11. erkannte, daß unter den bestehenden Ver-
hältnissen die Kolonisation eine Notwendigkeit ist,
und diesem Umstande verdanken wir die Auf-
erstehung des Deutschtums in Galizien. Man schuf
das Josephinische Ansiedlungspatent für Galizien,
machte allerdings den Fehler, daß man die Verhält-
nisse durch die Werbemänner immer zu rosig dar-
stellte. Man überhörte in Deutschland die alte War-
nung: "In Polen ist nichts zu holen" und stellte Ga-
lizien so hin, als ob es das Land sei, in dem Milch
und Honig fließen. Die österreichische Regierung
versprach den Siedlern 40 Joch Ackerland und aller-
hand Benefizien. So sollte jeder Kolonist zehn Jahre
von allen Steuern und Abgaben, vom Frondienst usw.
befreit sein. Er sollte ein Wohnhaus mit den nötigen
Wirtschaftsgebäuden erhalten, dazu zwei Ochsen
oder zwei Pferde, zwei Kühe, zwei Schweine und die
notwendigsten landwirtschaftlichen Geräte. Die er-
sten Kolonien, die in der fruchtbaren und landschaft-
lich reizvollen Gebirgsgegend bei Alt- und Neu-
Sandez entstanden, trugen das ihre dazu bei, die
Einwanderungsfreudigkeit zu heben.
Dies alles hatte zur Folge, daß mehr deutsche Fa-
milien ins Land kamen, als die Regierung erhofft
hatte. 1058 Familien kamen in den Jahren 1782 und
1783 in das Land. Tatsächlich waren aber nur 85 Häu-
ser vorhanden, in die man die Siedler einweisen
konnte. Für die deutschen Siedler begann die Zeit
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eines wahren Zigeunerlebens. Es entstand drückende
Not, viele Siedler fielen Epidemien zum Opfer. Um
die Ansiedlung zu beschleunigen, gestattete die Re-
gierung größeren Gutsbesitzern, auf ihren Gründen
Deutsche anzusiedeln und zahlte 150-300 Gulden
für jede Ansiedlerfamilie. Teilweise versuchten die
Siedler auf eigene Faust sich anzusetzen, Dadurch
erfolgte eine starke Zersplitterung. 1786 haben wir
114 Einzelsiedlungenl
Diesem Umstand haben wir die Erfahrungstatsache
zu danken, die für die gesamte Ostsiedlung später-
hin ausschlaggebend geworden ist: "Wo die Deut-
schen als Ackerbauer in geschlossenen Siedlungen
oder nahe beieinander wohnen, dort bewahren sie
auch ihr Deutschtum, wo sie vereinzelt oder in ver-
schwindend kleiner Anzahl sich niederlassen, dort
ist ihr Deutschtum in Gefahr, dort vollzieht sich der
allmähliche Ubergang zum Polentum:' Uberall aber
wurden die d e u t s c h e n Kolonisten die L ehr -
m eis t e r der einheimischen Bevölkerung. Eine
bessere Bestellung der Felder, Obstkulturen, Anbau
von Klee und Rüben, eine Verbesserung unproduk-
tiver Gründe, Stallfütterung und Viehzucht, Rein-
lichkeit und Ordnung in der Wirtschaft, das waren
die sichtbaren Erfolge der Ansiedlungspolitik. Man
erzählt, daß, als die Deutschen den auf den polni-
schen Gehöften liegenden Dünger sich ausbaten,
die polnischen und ukrainischen Bauern über die
Dummheit der Ankömmlinge sich ins Fäustchen
lachten, die töricht genug waren, diesen Unflat auf
ihre Äcker zu führen. Als sie aber die Wirkungen
sahen, wie auf den Feldern der deutschen Nachbarn
besseres Getreide stand, ging ihnen ein Licht auf,
und nun erhielt der Deutsche für Geld den Dünger
nicht, den die Bauern ihm früher umsonst abließen.
In den heimischen Dörfern war die Landwirtschaft
damals noch nicht einmal zum Dreifeldersystem ge-
langt, und noch Mitte des 19. Jahrhunderts erklärte
ein Franzose, daß der Ertrag des Ackers in Polen
sich zu dem Ertrag in Frankreich wie 1: 4 verhalte,
in England wie 1: 24 und in Holland wie 1: 48. Bald
konnte jeder Wanderer in Galizien eine deutsche
Kolonie von einem polnischen oder ukrainischen
Nationaldorf auf den ersten Blick unterscheiden.
Das d e u t s c heB aue r n hau s mit dem Kamin
hatte die sogenannte slawische Rauchhütte ver-
drängt und wirkte damit verbessernd auf das Bauern-
haus der einheimischen Bevölkerung. Während in
der slawischen Hütte ein einziger Wohnraum nicht
nur der Familie, sondern auch dem Vieh zum Unter-
schlupf diente, war das deutsche Bauernhaus in
mehrere Räume eingeteilt, es war massiv gebaut,
vom Hausflur führte eine Tür in die große Stube, die
noch als Wohn-, Eß- und Schlafzimmer diente. Dann
gab es noch Nebenräume, Vorratskammern. Im Vor-
haus bf'fand sich die Küche mit einem Kesselherd,
in einiger Entfernung vom Wohnhaus wurden die
übrigen Wirtschaftsgt'bäude, Stall, Scheune
und G
treidekammer errichtet. Dem deutschen Sied-
ler ist es zu danken, daß in Galizien erstmalig die
Form des geschlossenen Bauernhofes, wie ihn der
Osten noch gar nicht kannte, entstanden ist. Die
Siedlungen in der Gegend von Kolomea, Sniatyn,
waren beispielgebend für die heimische Bevölke-
rung. Die schönen ukraiilischen Bauernhöfe, die wir
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Dorfbrunnen in der deutschen Siedlung Weinbergen bei
Lemberg Archiv
dort finden, verdanken ihren Ursprung den deut-
schen Bauerndörfern der dortigen Gegend.
Als ich erstmalig im August 1916 als Süddeutscher
von Frankreich kommend hier in Galizien das sla-
wische Dorf erlebte, war es für uns Soldaten augen-
scheinlich geworden, daß hier ein anderes Europa
war, als wir es bisher kennen gelernt hatten. Und es
war für uns eine ganz besondere Freude, wenn wir
einmal in ein deutsches Dorf kamen. Wenn auch
diese deutschen Bauernhäuser kaum einen Vergleich
mit den deutschen Höfen des Reiches oder gar Süd-
deutschlands aushielten, so herrschte in diesen
schwäbischen Dörfern doch Reinlichkeit und
Ordnung.
Erstmals erkannten wir aber auch die Ge f a h r ,
die dem Deutschtum hier im Osten drohte, nämlich
die der allmählichen Polonisierung. In katholisch-
deutschen Dörfern hörte man schon während des
Weltkrieges kaum mehr ein deutsches Wort, da auch
der Pfarrer polnisch predigte. Nur die evangelischen
Dörfer hatten sich noch die deutsche Sprache er-
halten. Dank der Schwäche der österreichischen
Regierung hatte die Polonisierung ganz erhebliche
Fortschritte gemacht. Der Krebsschaden, der an dem
beständigen Rückgang des Deutschtums Schuld trug,
waren die Mischehen zwischen Deutschen und sla-
wischen Volksangehörigen, in denen leider der deut-
sche Teil der schwächere und nachgiebigere war.
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Als nach dem Zusammenbruch der habsburgischen
Monarchie am 1. November 1918 dieses Land zu
Polen kam, war die Polonisierung des Landes erstes
Ziel dieses aus den unmöglichen Friedensverträgen
neu entstandenen polnischen Staates. Es hielten sich
nur die wirklich deutschen Dörfer, und es offenbarte
sich in dieser Zeit der wirklich kämpferische deut-
sche Bauerngeist. Da und dort entstanden, vorzüg-
lich in den evangelischen Dörfern, volksdeutsche
Bauernkämpfer, unterstützt und gefördert von den
illegalen Deutschtumsorganisationen im Reich. Er-
freulich ist die Tatsache, daß einige dieser bewährten
deutschen Kämpfer in Galizien auch jetzt wieder
zum Aufbau der Landwirtschaft in das Land zurück-
gerufen werden konnten.
Wie das Deutschtum volkstumsmäßig während der
Polenzeit einen Rückschlag erfuhr, so erfolgte e'n
gleicher Rückschlag auf wirtschaftlicher Seite. Es
scheint zunächst notwendig, darauf hinzuweisen,
daß Galizien seit dem Jahre 1914 siebenmal Kriegs-
schauplatz gewesen ist.
August
Juli
Herbst
Einfall der Russen,
Deutsche Offensive.
Zerfall der österreichischen Monar-
chie und Besetzung Lembergs und
Galiziens durch die Ukrainer.
Frühjahr 1919 Polnisch-ukrainischer Krieg.
1920 Bolschewisten vor Lemberg in Ost-
galizien bis zum ..Wunder an der
Weichsel".
1914
1915
1918
1939 Deutsch-polnischer Krieg und Ein-
marsch der Russen.
1941 Krieg gegen den Bolschewismus.
Dazwischen liegt der Wiederaufbau der Polen von
1921-1939.
Wie haben wir im Juli 1941 Galizien vorgefunden?
Der Zustand der deutschen Dörfer (etwa 300) war
ungefähr folgender:
Beispiel D 0 r n f eid: Vor dem Kriege 80 Bauern
mit 700-800 Seelen. Das Dorf lieferte täglich nach
Lemberg 3000 Liter Milch, jährlich an Zuchtvieh
200 Stück Jungvieh und 30-40 Fohlen. Jährlich
lieferten die deutschen Bauern von Dornfeld rund 16
Tonnen lebende Schweine. Die deutschen Bauern
ernteten pro Jahr durchschnittlich 20-25 Doppel-
zentner Weizen und Roggen je Hektar, davon wur-
den rund 150-200 Tonnen verkauft.
Die Russen machten aus Dornfeld ein Staatsgut. Es
waren vorhanden: 45 Arbeiterfamilien mit etwa
300 Seelen. Schon im November des Jahres 1941
war es nicht möglich, diese paar Menschen aus den
Erträgnissen der Gemeindefluren zu ernähren. Die-
selben Verhältnisse fanden wir vor in den deutschen
Dörfern Weinbergen und Unterbergen, Wiesenberg,
4
wie überhaupt in allen ehemals deutschen Dörfern
Galiziens.
Während der Russenzeit ist aber auch die Gesamt-
landwirtschaft in Galizien ungeheuer zurückgegan-
gen. Ernte 1941 etwa ein Drittel einer Normalernte.
30-40 Prozent der Gemeindefluren lagen brach, Die
Russen hemmten bewußt jede Privatinitiative der
Bauern, um sie in die schon vorbereiteten Kolchosen
zu zwingen.
Unsere heutigen Wie der auf bau maß nah -
me n sehen eine Bodenordnung aller Betriebe über
50 Hektar in Händen der Liegenschaftsverwaltung
als späteres deutsches Ansiedlungsland vor, ebenso
sind die ehemals deutschen Dörfer wie Staatsgü!er
deutschen Siedlern vorbehalten. Vor allem wurde
die Zersplitterung beseitigt. Heutiger Bodenvorrat:
1600 Besitzungen mit 450 Hektar sowie etwa 8000
Höfe ehemaliger deutscher Bauern, zusammen also
9600 Höfe mit rund 500000 Hektar. Man ging an die
Regelung des Wasserhaushaltes im Boden, Beseiti-
gung des Odlandes (Gemeindehuten, sogenannte
Kunstweiden, haben in Europa keinen Platz mehr),
an die Ziegen haltung statt Kuhzucht, an das Kuh-
anspann statt Pferdeanspann. Mit alten Methoden
wurde gebrochen, da ja Galizien zu Europa zurück-
kehren mußte, schon nach dem Versuch der Russen,
dieses Gebiet bewußt Asien einzugliedern. Die Deut-
schen haben bewiesen, daß sie mit Erfolg hier im
Lande Pionierarbeit geleistet haben und nun erneut
leisten.
Im Hinblick auf die Neuordnung in den ehemals pol-
nischen Gebieten sagte der Führer am 6. Oktober
1939 vor dem Deutschen Reichstag: ..Die Probleme,
die dort zu lösen sind, können nur in einer jahr-
zehntelangen Arbeit gelöst werden. Für das Deut-
sche Reich bedeutet diese Aufgabe eine Beschäf-
tigung auf 50 oder 100 Jahre. Die Rechtfertigung
dieser deutschen Arbeit liegt in der poiitischen Ord-
nung dieses Gebietes sowohl als in der wirtschaft-
lichen Erschließung. Letzten Endes kommt aber
beides ganz Europa zugute."
Als der Führer diese Worte sprach, befand sich
Amerika noch nicht im Kriegszustand mit uns. Seit
Amerika offen an die Seite Englands getreten ist,
seit auch im Fernen Osten und im Mittelmeer Krieg
entbrannt ist, sind die Grenzen Europas enger
und enger gezogen. Die uns damit aufgezwungene
Autarkie Europas ist zur Lebensnotwendigkeit aller
europäischen Völker, ja sie ist zur Entscheidung für
den Sieg der Achsenmächte geworden. Während
das Schwert der verbündeten Armeen uns den Lebens-
raum erkämpft und die Grenzen Europas so weit im
Osten hält, bis dieser Lebensraum für unser Reich
eine friedliche Entwicklung der Völker Europas zu-
läßt, muß der Pflug die Nahrungsfreiheit Europas
sichern. Damit kämpfen wir mit Schwert und Pflug
um die Aufrichtung einer echten, soliden und dauer-
haften Ordnung, um den Neubau Europas.
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WDRTTEMBERGER UND IHRE NACHKOMMEN
IM DISTRIKT WARSCHAU
Unter den Oberdeutschen ("Schwaben") im General-
gouvernement überwiegen seit der Umsiedlung der
vorwiegend aus der Pfalz stammenden Galizien-
deutschen die Württemberger, und in keinem Kreis
- dieser Ausdruck ist im folgenden stets im Sinne
der genaueren Bezeichnung Kreishauptmannschaft
gebraucht - ist ihr Vorkommen ein so geschlos-
senes wie in der Südhälfte der Kreishauptmannschaft
Warschau-Land. In dem nach Süden anschließenden
Kreise Grojec finden sie sich im Umkreis des ehe-
maligen Rodungsdorfes Konty (Kanstadt) und weiter
südlich an der unteren Pilica im Raume um Gonzig.
Im Kreise Lowicz handelt es sich um die östlich
der Kreisstadt gelegenen Schwabensiedlungen im
Raum von Bednary an der Bzura. Die nördlich davon
um Konstantinow gelegenen Schwabendörfer ge-
hören zum Kreis Sochaczew. Außerdem befinden
sich einige Schwabendörfer in Streulage im Gebiet
um Zyrardow. In der Südwestecke des Kreises Lo-
wicz ist Kochanow (Erdmannsweiler) ein alter und
bedeutender Vorposten der Württemberger Schwa-
ben, früher zum Kreise Rawa gehörig. In all diesen
Kreisen des Distriktes Warschau finden sich schwa-
bische Familien auch in die niederdeutschen Sied-
lungen der Pommern und Märker eingesprengt, wäh-
rend Schlesier in diesem Distrikt kaum vorkommen.
Die Familiennamen verraten in der Regel die Her-
kunft; doch kann man die Scheidung zwischen
württembergischen und anderen südwestdeutschen
Schwaben sowie den Franken (namentlich Pfälzer
und Hessen) nicht immer eindeutig durchführen.
Immerhin erkennt der geübte Sippen- und Wande-
rungsforscher meist ohne weiteres die aus Württem-
berg stammenden Sippennamen.
Es handelt sich dabei im wesentlichen um die Nek-
karschwaben des ehemaligen protestantischen Her-
zogtums Württemberg, des sogenannten Altwürt-
temberg. Ihre Ansiedlung geht auf die südpreußi-
sche und neuostpreußische Zeit nach der dritten
Teilung Polens zurück, also auf die Jahre 1795 bis
1806. Damals setzte die preußische Krone in diesen
Landesteilen die friderizianische Kolonisation West-
preußens und des Netzegaues fort, an der die Würt-
temberger bereits stark beteiligt waren, deren Sip-
pen dann wiederum Ableger in den Distrikt War-
schau getrieben haben - Sippenzusammenhänge,
die im einzelnen noch nicht untersucht und daher
im folgenden nicht weiter berücksichtigt sind. Be-
kanntlich war es ein Grundsatz der staatlichen Sied-
lung jener Zeit, die Kolonisten nicht aus dem eigenen
Staatsgebiet zu holen. So wetteiferten. im Zeitalter
der Aufteilung Polens die Mächte Preußen, Oster-
reich und Rußland hin und her im Reiche mit der
Anwerbung ihrer Kolonisten. Die württembergischen
Bauern waren gesucht und unschwer zu gewinnen,
da sie mit den politischen Zuständen ihres Landes,
namentlich auch mit der verstärkten Rekrutierung
in jenem Zeitalter der napoleonischen Kriege un-
zufrieden waren und das Land an chronischer Uber-
6
VON DR. HERMANN ROEMER
völkerung litt. Tatsächlich sind die Württemberger
in dem ganzen Zeitraum zwischen 1780 und 1805 in
Scharen den Werbern dieser drei Mächte gefolgt.
Als Protestanten hatten sie eine Vorliebe für Preu-
ßen, dessen Einladung sie schon in den letzten Jahren
Friedrichs des Großen gerne Folge leis
eten. Doch
kam es gleichzeitig nach dem Toleranzedikt Jo-
sephs 11. (1781) zu einer von dem vorderösterreichi-
schen Amtssitz zu Rottenburg am Neckar aus be-
triebenen Auswanderung der Neckarschwaben nach
Galizien ("Kaiserlich Polen") und Ungarn, in der
sich die alte Verbindung des Landes mit dem Hause
Habsburg auswirkte. Diese württembergische Aus-
wanderung nach Galizien war umfangreicher, als
man bisher annahm.
Nach der dritten Teilung Polens warb die preußische
Regierung aufs neue durch ihren Kommissar Not-
hardt in den Jahren 1801-1805 von Ohringen aus
mit solchem Erfolg württembergische Kolonisten für
ihre neuerworbenen Landesteile an, daß ihre Zahl
auf tausend Familien geschätzt wird. Leider hat diese
zweite Auswanderung nach "Preußisch-Polen" noch
keine Darstellung gefunden. Das gleiche gilt von der
noch umfassenderen gleichzeitigen Abwanderung
aus Württemberg nach "Russisch-Polen" (Podolien)
und "Neu-Rußland" (die weitere Ukraine). Die Folge
war, daß Herzog Friedrich von Württemberg, der
1803 von Napoleons Gnaden Kurfürst und 1805 König
wurde, im Jahr 1806 eine Auswanderungssperre ver-
fügte, die erst nach dem Wiener Kongreß (1815) und
seinem Tode (1816) aufgehoben wurde. Damit war
auch die weitere Abwanderung aus Württemberg in
das gleichzeitig (1806) von Napoleon geschaffene
Herzogtum Warschau unterbunden. Sie wäre freilich
ohnedies ins Stocken geraten, da die Volksdeutschen
dort jetzt so unter polnischen Druck gesetzt wurden
daß sie nach dem russischen Vorrücken seit 1813 i
Scharen nach Wolhynien und Südrußland weiter-
zogen. Auch nach der Aufrichtung des mit der rus-
sischen Krone verbundenen Kongreßpolens und der
gleichzeitigen Aufhebung der württembergischen
Auswanderungssperre bevorzugten die angestauten
Scharen württembergischer Auswanderer Südruß-
land und Pennsylvanien und zogen nur noch zu
einem geringen Teil nach Polen. Erst als zu Anfang
der dreißiger Jahre die russische Regierung ihre
Peuplierungspolitik auch in Polen aufnahm, kam es
noch einmal zu einer Auswanderung aus Württem-
berg dorthin, Aber sie verebbte bald wieder, da jetzt
Nordamerika seine Anziehungskraft ausübte. In-
folgedessen kam die staatliche Landsiedlungspolitik
im Osten überhaupt je länger je mehr zum Stillstand.
Daß jedoch auch in der neueren Zeit die Blicke der
württembergischen Bauern nach Osten gerichtet
blieben, beweist ihre kräftige Beteiligung an der seit
1886 von der Preußischen Ansiedlungskommission
wiederaufgenommenen Ansetzung deutscher Bauern
in den Provinzen Posen und Westpreußen. Diese
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Schwäbische Alb bei Kirchheim unter der Teck (Gau Württemberg-Hohenzollern)
übte übrigens auch auf die Volksdeutschen in Mittel-
polen ihre Anziehungskraft aus.
Die Verbindung mit der alten Heimat war in Polen
inzwischen abgerissen. Sie ist auch durch die Be-
gegnungen im Weltkrieg nicht ebenso neu belebt
worden wie in der Ukraine. Nun aber ist mit der
Schaffung des Generalgouvernements diese Möglich-
keit gegeben und sollte von ihr auch Gebrauch ge-
macht werden. Aus diesem Grund geht die For-
schungsstelle Schwaben im Deutschen Ausland.-
Institut in Stuttgart den schwäbischen Sippen im Ge-
neralgouvernement ebenso nach wie denjenigen, die
jetzt aus dem Osten ins Reich umgesiedelt worden
sind und deren Wanderungsgeschichte zum Teil mit
der ihrigen zusammenhängt.
Die stärkste Gruppe der Schwaben im Generalgou-
vernement weist der Kreis Warschau-Land auf, wo
sich im Westen und Süden der Hauptstadt längs den
Chausseen eine ausgesprochene Vorstadtlandschaft
mit ihren Kohlfeldern und Gärtnereien, Fabriken und
Lehmgruben hinzieht. Hier liegen auf einer Fläche
von 100 qkm 30 schwäbische Dörfer mit einer Bevöl-
kerungszahl von rund 3000 Seelen. Ihr Mittelpunkt
ist das Kirchdorf AIt-I1visheim (Stara Iwiczna), ein
Liniendorf wie sämtliche schwäbischen Siedlungen.
In seiner Schrift ..Deutsche Gaue in Mittelpolen"
(1935) schildert Albert Breyer, wie die Schwaben
hier mit viel Sorgfalt und Geschick den Anbau VOll
Gemüse und Frühkartoffeln für den Warschauer
Markt betreiben. Die ältesten dieser Dörfer, AIt-
und Neu-Ilvisheim, Ludwigsburg (Ludwinowo) und
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Schwinningen (Orezna), stammen aus den Jahren
1801-1803 und verraten schon durch ihre Namen
die Herkunft von Erstsiedlern aus lIvesheim bei
Mannheim, Ludwigsburg bei Stuttgart und Schwen-
ningen bei Rottweil am Neckar. Hier wurden also
gleichzeitig mit den Schwabendörfern im Lodzer
Industriebezirk und im Gostyniner Land von der
sÜdpreußischen Kriegs- und Domänenkammer ober-
deutsche Kolonisten angesetzt. Außerdem boten
private Grundherren durch Verkauf oder Verpach-
tung weitere Siedlungsmöglichkeiten. Dicht vor den
Toren Warschaus entstand das Dorf Deutsch-Szopy
und im SÜden bei Gora Kalwarja, Kreis Grojec, im
Domänenamt Potycz das Rodungsdorf Kanstadt
(Konty), das den Namen der ehemaligen würt-
tembergischen Oberamtsstadt Bad Cannstatt vor den
Toren Stuttgarts trägt und trotz früher starker Ab-
wanderung nach Südrußland durch seine deutsche
Schule der Mittelpunkt der Schwabensiedlungen in
jenem Raum geworden ist.
Im ganzen fanden in preußischer Zeit 1801-1806
unter geordneten Verhältnissen 6 Neugründungen
und 18 Einsiedlungen in polnische Dörfer statt. Die
übrigen stammen aus dem Anfang der dreißiger
Jahre, so um I1visheim durch gemeinsamen Ankauf
privater Güter die Orte Laszki (Storchennest), Josefs-
law (Krapennest), Kierczeck, Opacz, Chyliczki-Hilitz,
Gorzkiewki und Raszyn, sowie in der Nordostecke
des heutigen Kreises Warschau-Land das Schwaben-
dorf Dziekanow mit der neuen Tochtersiedlung Lo-
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Dorfschule in Schön anger (Kreis Debica)
mianki Gorne, an der sich auch Alt-Ilvisheimer
Sch waben beteiligten.
Auf die gleiche Weise entstand um 1832 die schwä-
bische Sprachinsel Gonzig (Gasky) im Raum zwi-
schenKontyund der unterenPilica mit schwäbischen
Einsiedlungen in den polnischen Nachbardörfern
Hornigi, Watraszew, Martynow und Piaseczno. An-
dere Württemberger siedelten sich damals auf den
Gütern des Prinzen Adam von Württemberg an der
unteren Pilica an, und hier wurde die von diesem
Prinzen im Jdhre 1837 in Pilica gegründete Patronats-
kirche die lutherische Urpfarrei für alle die g
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nannten Schwabendörfer. Auch als Alt-lIvisheim
1843 Filialkirche und 1857 selbständige Pfarrei wurde,
konnte dieser Ort erst im Jahre 1929 einen eigenen
Pfarrer erhalten, nachdem schon im Jahre 1898 die
schmucke Backsteinkirche erbaut worden war. Ddß
nur ein Sechstel der Kirchengemeinde Alt-Ilvishei.1l
Reformierte sind, verrät den geringeren Anteil der
Pfälzer am Schwabentum im Distrikt Warschau. Für
die katholische Minderheit der Schwaben bestanden
bis 1905 in der Kirche zu Raszyn deutsche Neben-
gottesdienste. Als sie aufhörten, trat ein Teil zur
evang
lischen Kirche über. Deutsche Kantorats-
schulen bestanden im Jahre 1866 in Alt-Ilvisheim
(seit 1810), Julianow, Josefslaw, Kanstadt, Gora Kal-
warja, Gonzig und Warka an der Pilica. Näheres über
die Zahl der deutschen Schulen Kongreßpolens in
älterer und neuerer Zeit findet man in den Deutschen
Blättern in Polen 1929, S.113ff. Sie wurden im Jahre
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1898 in staatliche Elementarschulen verwandelt und
im Jahre 1919 aufgehoben. So machte die Ent-
deutschung der Jugend rasche Fortschritte, Selbst
in deutschbewußte Familien, die ihren Kindern deut-
schen Privatunterricht angedeihen ließen, drangen
jetzt polnische Vornamen ein. Zuletzt sprach die
Jugend überhaupt nicht mehr deutsch.
Als Rußland zu Anfang der dreißiger Jahre in
Kongreßpolen die frühere preußische Kolonisation
wiedpraufnahm und zahlreiche Württemberger der
Einladung der russischen Gesandtschaft in Stuttgart
folgten, mit 400 H. auf eigene Kosten nach Warschau
auszuwandern, um sich dort bei eigener Bestreitung
der Einrichtungskosten, aber unter Bewilligung der
üblichen Privilegien staatliche oder private Pacht-
güter zuweisen zu lassen, waren die Anfänge bei der
feindseligen Haltung der Polen für alle diejenigen
schwierig, die nicht über größere Mittel verfügten.
Viele mußten heimkehren und fielen der Heimat-
gemeinde zur Last, so daß die württembergische Re-
gierung anfing, vor der Auswanderung nach Polen
zu warnen und sie zu erschweren. Im Sommer 1832,
dem Jahr der stärksten Auswanderung aus Würt-
temberg nach Mittelpolen, waren u. a. drei Familien
mit 15 Personen dorthin gezogen. An der Warthe an-
gekommen, hörten sie, daß in Warschau viele Ein-
wanderer in Ställen einquartiert und zu Schanz-
arbeiten verwendet seien. Dadurch abgeschreckt,
kauften sie sich an der Warthe um 240 preußische
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Hofeinfahrt (walddeutsches Siedlungsgebiet)
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Taler ein ab geerntetes Gut und wären bei der völlig
ablehnenden Haltung der Bevölkerung verhungert,
wenn sie nicht unter Verzicht auf die angezahlte
Summe und Verkauf ihres Inventars trotz des
Winters heimgekehrt wären. Sie behaupteten, es
befänden sich noch viele andere auf dem Heimweg,
Namentlich war für Gewerbetreibende in Warschau
und anderen Städten wegen der jüdischen Konkur-
renz kein günstiger Boden. Auf dem Land konnten
sich doch auch jetzt viele ansiedeln, zumal die Ein-
wanderer nicht selten 1000 und mehr Gulden bei
sich führten. Zu einer Abwanderung in die Stadt
kam es erst im Laufe der Zeit, und in Warschau sind
viele Schwaben in neuerer Zeit als Gewerbetrei-
bende und in Verwaltungsdiensten gut vorangekom-
men. Da sie dabei die Verbindung mit ihren Heimat-
orten auf dem Lande weiterpflegten, fielen sie auch
der Polonisierung nicht in dem zu erwartenden Um-
fang zum Opfer,
Von den im Kreis Warschau-Land vorkommenden
deutschen Sippen namen sind auch in Württemberg
verbreitet und daher wohl dort beheimatet die
Aberle, Albrecht, Buchholz, Dürr, Ehret, Eiseie, Fo-
gel (Vogel), Foltz (Volz), Gerber, Großmann, Ha-
mann, . Hauser, Klotz, Knedler, Kugler, Leibbrandt,
Lutz, Maurer, Schilling, Schmidt, Scholl, Schwarz,
Seiter, Stahl, Weigle, Da die Anträge auf Erteilung
einer Kennkarte auch die Frage nach den Vorfahren
in vorläufiger Weise beantworten, lassen sich be-
reits Stammtafeln aufstellen, ohne freilich den An-
schluß an den jeweils ausgewanderten Vorfahren
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Aufnahme: Brander
zu gewinnen, der nur aus den dortigen Kirchen-
büchern erhoben werden kann. Eine besondere Wür-
digun
verdient die verbreitete Sippe Leibbrandt
aus Alt-Ilvisheim, deren Stammvater Andreas aus
Kleiningersheim (Besigheim) sich am 22. 10. 1808 in
Warschau mit Christine Bauer verheiratet hat. Ein
Sohn Christoph kehrte 1830 nach Württemberg zu-
}"ück und wurde hier der Ahnherr der Firma Chri-
stoph Leibbrand, Militäreffekten in Ludwigsburg,
Ulm und Stuttgart. Ein Sohn Andreas dagegen
wurde in Duchnice der Ahnherr eines Zweiges,
der auch in den benachbarten Gemeinden Ozarow,
Jawczyce und Czechowice zu Hause ist und mehr-
fach schöne Gemüsegärtnereien besitzt. Dessen
Brüder Christian und Heinrich wurden die Ahn-
herren der Leibbrandt in Josefslaw und Kierczek,
Gottfried derjenige der Leibbrandt in Piaseczno,
die vorwiegend Stellmacher sind, Ein anderer
Zweig sitzt in Laszki. In den ersten Septembertagen
1939 wurden mehrere Familienväter dieser Sippe
wegen ihrer aufrechten deutschen Gesinnung in das
Konzentrationslager Beresa Kartuska verschleppt
und einer von ihnen, Wilhelm Leibbrandt aus Laszki,
sogar dort ermordet. Die Frauen entstammen vor-
wiegend oberdeutschen Sippen der Nachbarorte. Die
heute rund dreißig Familien umfassende Sippe der
Leibbrandt im Generalgouvernement ist ein Zweig
einer im Herzen Württembergs im Land um den
Asperg beheimateten Zieglersippe, die ihre Ableger
auch nach Amerika und Südrußland getrieben hat.
Ihr bekanntester Vertreter ist heute der aus Hoff-
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nungstal bei Odessa stammende Reichsamtsleiter
Dr. Georg Leibbrandt, der sich in früheren Jahren
durch seine Erforschung des Deutschtums in Rußland
einen Namen gemacht hat und heute als Ministerial-
direktor die Hauptabteilung Politik im Reichsmini-
sterium für die besetzten Ostgebiete leitet.
Im Kreis Grojec haben sich die Schwaben teilweise
auch mit den im Westen dieses Kreises angesiedelten
Niederdeutschen gepaart. Es sind dies die Pommern,
die im Jahre 1825 von dem deutschen Gutsbesitzer
Wohlhütner in Karolew und Petrokozy angesiedelt
wurden und um 1900 auf dem früheren Gut Konie
die Dörfer Jozefow und Wolka Zaleska gründeten,
während die pommerschen Rodungsdörfer bei der
südlich davon gelegenen und früher von deutschen
Tuchmachern bevölkerten Stadt Bledow schon um
1700 entstanden. Ein Beispiel von schwäbischem
Zuzug in die Gemeinden um Karolew bietet die Ge-
schichte der Sippe Goller. Ihr Stammvater Johann
Goller ist 1802 mit Frau, drei Söhnen und zwei Töch-
tern aus Markgröningen bei Ludwigsburg über War-
schau nach Wola Magierow bei Gonzig ausgewan-
dert. Seine Nachkommen haben sich nach Karolew
verheiratet und sitzen heute in den Nachbargemein-
den Jozefow, Petrokozy und Budi Petrikowsky. Eine
Tochter des Einwanderers Johann Goller wurde die
Stammutter der in Orczna und Piaseczno bei Alt-
Ilvisheim beheimateten Schwabenfamilie Hauser.
Im übrigen weisen im Kreis Grojec auf württember-
gische Herkunft die Namen Bauer (Bühler), Beßler,
Deeg, Fetter (Vetter), Frank, Gabler, Hildebrand,
Hirschmann, Hoffmann, Jekle (Jäckle), Joß (Joos),
Jung, Kallenberger, Kappier, Lehr, Machleid, Marks,
Obermüller, Ruff, Schierle, Schmidt, Schneider, Schu-
macher, Stickel, Stockinger, Wacker und Wingert.
Im Osten des Kreises Warschau-Land liegen im
Kreise Sochaczew zwischen Warschau und der Bzura
die vereinzelten Schwabendörfer Koszajec (nächst
den Schwabendörfern um Warschau), Gorna Wies,
Dembowka und das im Jahre 1840 angelegte Schw::t-
bendorf Morizin (Maurycew), In Koszajec findet man
die Familien Oswald aus Kochanow, Hegele aus dem
Kreise Grojec, Lutz aus Konstantinow, Hauk aus
Karlshof, Goll aus Leonberg bei Gombin, Kappier aus
Magierowa Wola, Rosner aus Karlshof; in Gornd
Wies die weniger württembergisch klingenden Na-
men Hau und Susdorf. In Dembowka stammen die
Bauer und Beck, wahrscheinlich auch die Pfeil wie-
derum aus Leonberg, die Bändler aus Sanniki bei
Leonberg, die Engelbrecht aus Koszajec, während
sich der Name Ulmer auch in Rybionek findet.
Die Schwabensiedlungen östlich der Stadt Lowicz:
Bednary, Gongolin, Skowoda, Kompina und Osiek
wurden 1817. von der Verwaltung des Fürstentums
l.owitsch angelegt. Breyer teilt des Näheren mit, daß
die aus Württemberg, Hessen-Darmstadt und der
Pfalz stammenden Siedler teils neue Dörfer, wie
Bednary und Gongolin, anlegten, teils auf wüsten
Bauernstellen in polnischen Dörfern siedelten. 1842
entstand auf abgeholzten Ländereien der dem Für-
sten Radziwill gehörenden Gutsherrschaft Nieborow
das SchwabendorI Karlshof (Karolew), Die deutschen
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Einsiedlungen in polnischen Dörfern wurden im
Laufe der Zeit polonisiert; dagegen hat sich d:Js
Deutschtum in den Neudörfern Deutsch-Bednary
(112 Volksdeutsche), Deutsch-Gongolin (105) und
Karlshof (90) gut gehalten und aktiv eingesetzt. So
gehörten namentlich die Karlshöfer dem Deutschen
Volksverband an. Auf württembergischen Ursprung
weisen in Bednary die Namen Bitzer, Götz, Krebs,
Reinhardt, Röhm, in Gongolin Buchholz, Feigel (Vei-
gel). Wagner, in Karlshof Haug (Hauk), Lutz, Seutter,
Schabert, Weimert, Wolf, In der Stadt Lowicz ferner
Daa.b, Fischer, Fink, Fröhlich, Häberle, Holland.
Kretschner, Pahl.
Nach Norden schließen sich in den Kreisen Lowicz
und Sochaczew die Schwabendörfer Konstantynow,
Koszajec und Mandeldorf (Matyldow) an, in deren
Umkreis auch Grabowiec und Rybionek eine größere
Anzahl von Volksdeutschen aufweisen. Dort sind
Namen zu Hause wie Baier, Engelbrecht, Ertner,
Felscher, Gläser, Röhm, Sattelmeier, Ulmer, Winterrot.
Im Kreis Skierniewice ist Kochanow (Erdmanns-
weiler) westlich von Rawa eine sehr bedeutende und
wohlbehaltene Schwabensiedlung (600 Volksdeut-
sche). Sie wurde im Jahre 1802 im Amt Gluchow des
Fürstentums Lowitsch gleichzeitig mit dem ebenso-
weit südlich VOll Rawa gelegenen Schwabendorf
Birkenfeld (Brzozow) gegründet und gehört zu dem
1829 gegründeten evangelischen Kirchspiel Rawa.
Von den bekannten Schwabensiedlungen im Osten
von Litzmannstadt, Neu-Sulzfeld, Königsbach, Gröm-
bach und anderen ist sie durch einen pommerischen
Siedlungsgürtel getrennt. In den letzten Jahrzehnten
macht sich eine starke Ubervölkerung bemerkbar,
da im Umkreis keine Gelegenheit zur Abwanderung
besteht und die frühere Abwanderung nach Südruß-
land ebenso der Vergangenheit angehört wie in den
Schwabendörfern Ilvisheim und Kanstadt.
Die Kolonie Kochanow wurde im wesentlichen mit
Württembergern aus den Oberämtern Nagold und
Neuenbürg im Schwarzwaldkreis besiedelt. Während
Sippen wie die Gäckle aus Bernbach (Neuenbürg)
und Schaible jetzt als Umsiedler aus Borodino und
Neu-Elft (Bessarabien), wohin ihre Vorfahren eimt
aus Kochanow auswanderten, in das Wartheland
hdmgekehrt sind, sind heute die stärksten schwäbi-
schen Sippen in Kochanow die Niethammer, Pfau
und Oßwald. Neben ihnen seien die Baier, Bitzer,
Klein, Knodel, Wildemann und Wirch erwähnt. Die
Wirch dürften mit den aus Bietigheim a. d. Enz über
Polen nach Wolhynien weitergewanderten Wirch
zusammenhängen. Die schwdbischen Familien in dem
benachbarten Jankowice (78 Volksdeutsche) stam-
men aus Kochanow (Breiling, Großmann, Klein, Lentz,
preifer u. a.), ebenso die Pfau in Tarnow (134 Volks-
deutsche). Die Oßwald findet man auch in Koszajec,
Kreis Sochaczew, wieder, die Bitzer in Dawinek und
Marie::J.feld, Kreis Sochaczew, aber auch in Lowicz,
Bednary und in Ortschaften wie Cora und FrankIin
im Kreis Skierniewice, wo sonst keine schwäbischen
Familien vorkommen. Die Pfau findet man auch in
Gora und in Franciszkow im Kreis Sochaczew, die
Vetter auch in Konty.
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Auf die Weiterwanderung der
Schwaben aus Polen nach Ruß-
land, wie sie im einzelnen in den
Akten des Archivs Warschau
ihren Niederschlag gefunden hat
und neuerdings dort verkartet
wird, kann hier nicht weiter ein-
gegangen werden, auch nicht
auf spätere überseeische Aus-
wanderungen. Hier sei nur fest-
gestellt, daß eine große Zahl von
Auswanderernamen, die in den
württembergischt>n Akten unter
den Auswanderern des 19, Jahr-
hunderts nach Mittelpolen er-
scheinen, im Distrikt Warschau
nicht begegne:;}, sei es daß sie
wieder zurückgekehrt sind oder
sich in anderen deutschen Gau-
en Mittelpolcns niedergelassen
oder, wie an einzelnen Beispie-
len nachgewiesen werden kann,
aus den von uns besprochenen
Gegenden und Orten weiter-
gewandert sind. Immerhin keh-
ren in nicht wenigen Fällen deut-
sche Familiennamen gleicher-
weise in jenen württembergi-
schen Akten und unter den heu-
tigen Volksdeutschen des Di-
striktes Vvarschau wieder, wo-
bei auch die vom Staatsarchiv
Stuttgart in Bearbeitung genom-
menen Akten der ehemaligen Volksdeutsche aus IIiopol
württembergischen Gesandt-
schaft in Petersburg (1815-1893) einige Fingerzeige
geben. Eine Reihe solcher Auswanderungen aus
Württemberg seien als Anregung für die Kirchen-
buchforschung im Generalgouvernement hier mit-
geteilt. In Klammern ist das frühere württembergi-
sche Ober amt beigefügt.
Alb r e c h t, Johann Georg, 1819 aus Kirchheim
(Besigheim) nach Warschau.
Ass e n h ei m er, Georg, 1801/04 aus Roßstaig
(Backnang) nach Pr.-Polen.
Bad er, Christoph, 1830 aus Kirchheim (Besigheim)
nach Polen.
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Bau tl e, Johann Friedrich, 1803 aus Metzingen
(Urach) nach Pr.-Polen.
Bau er, Christoph, 1803 aus Leonbronn (Bracken-
heim) nach Pr.-Polen; Joseph Friedrich, 1834 aus
Eßlingen nach Polen; Christian, Messerschmied,
1843 aus Kirchheim u. Teck nach Warschau.
Bai er, Johann Georg, Schreiner, 1804 aus Böttin-
gen (Münsingen) nach Pr.-Polen.
Be ß I e. r. Si mon, 1832 aus Kleiningersheim (Besig-
heim) nach Polen.
Be t z (petz), Andreas Gottlieb, 1832 aus Rappach
(Weinsberg) nach Polen; Johannes, 1819 aus Unterm-
berg (Vaihingen) nach Polen.
Bin der. Rosine, 1838 aus Kirchberg (Marbach)
nach Warschau.
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Aufnahme: Vandrey
Bit zer, Konrad, 1782 aus Tailfingen (Balingen)
nach Polen.
B 0 s se r t, Johann, 1803 aus Offingen (Cannstatt)
nach Südpreußen.
B rau n, Friedrich, 1804 aus Neustadt (Waiblingen)
nach Oczakow b. Warschau; Jakob Friedrich, 1833
aus Kuppingen (Herren berg) nach Polen.
B ü h I e r (Bieier), Hans Jörg, 1803 aus Bondorf (Na-
gold) nach Pr.-Polen.
D e e g. Wendel, 1802 aus Neufra (Rottweil) nach
Pr.-Polen.
Eis eie, Matthaus, 1803 aus Hessigheim (Besig-
heim) nach Alt-Ilvisheim; 1832 erben 5 Kinder zwei-
ter Ehe: Johann, Konrad, Friedrich, Matthes, Chr.
Dorothea. Die Sippe heute namentlich in Kierszek.
E n ß I e n, Jakob, 1803 aus Ebhausen (Nagold) nach
Pr.-Polen.
F in c k, Johann Heinrich, 1832 aus Bietigheim (Be-
sigheim) nach Pr.-Polen,
F i e die r , Jakob, 1802 aus Sindelfingen (Böblingen)
nach Pr.-Polen.
Fis c her, Michael, Bäcker, 1803 aus Leonbronn
(Brackenheim) nach Pr.-Polen.
Fra n k. Andreas, 1803 aus Ochsen berg (Bracken-
heim) nach Pr.-Polen.
Fr i e d r ich, Markus, HI09 aus Massenbach (Brak-
kenheim) nach Polen.
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G a 11. Johann, 1804 aus Ottmarsheim (Besigheim)
nach Pr.-Polen.
GI äse r. Simon, 1832 aus Kleinsachsenheim (Vai-
hingen) nach Warschau.
G öhr i n g, Johannes, aus Bickelsberg (Sulz), 1834
in Konstantinow (Lowicz).
G ö tz, Johann Georg, 1803 aus Haiterbach (Nagold)
nach Pr.-Polen.
Go ll er. Johann, 1802 aus Markgröningen (Lud-
wigsburg) nach Südpreußen (s.o.).
G roß man n, Johannes, 1817 aus Horrheim (Vai-
hingen) über Polen nach Teplitz.
G 0 t t I i t t, Johann, 1804 aus Bietigheim nach Ko-
chanow, gest. AIt-Ilvisheim,
H ä b e r I e, Friedrich, 1822 aus Pfullingen (Reut-
lingen) nach Polen; Johann David, 1840 aus Lauften
(Besigheim) nach Polen.
H ä gel e. Anna Maria, 1803 aus Iselshausen (Na-
gold) nach Pr.-Polen.
Ha man n, Friedrich, 1804 aus Oberstenfeld (Mar-
bach) nach Pr.-Polen.
Hau g; Gottfried, 1804 aus Eschach (Gaildorf) nach
Polen.
Hau se r. Jakob, Schneider, 1804 aus Bodelshausen
(Rottenburg) nach Pr.-Polen; Jakob, Schuster, 1802
aus Schwenningen (Rottweil) nach Südpreußen.
He h r, Jakob, 1805 aus Oberschwandorf (Nagold)
nach Kanstadt b. Warschau.
Deutsche Kolonistenfrau aus Schönanger
Aufnahm.: Bujs
Hel d, Jakob, 1804 aus Aurich (Vaihingen) nach
Polen; Wilhelm Heinrich, 1802 aus Sindelfingen
(Böblingen) nach Pr.-Polen.
Her b , . . ., aus Leidringen (Sulz), 1850 Kolonist in
Schwennigen bei Warschau.
H ir s c h man n, Georg Thomas, 1832 aus Eglos-
heim (Ludwigsburg) nach Polen.
Kali e n b erg er, . .. aus Großingersheim (B
sig-
heim), 18.. in Josefslaw; Andreas, 1832 aus Bietig-
heim (Besigheim) nach Pr.-Polen.
K lei n, Johann Martin, 1803 aus Otisheim (Maul-
bronn) nach Polen.
Klo tz, Jakob Albrecht, 1804 aus Welzheim nach
Polen.
K n 0 dei. Adam, 1803 aus Ochsen berg (Bracken-
heim) nach Pr.-Polen.
K n ö die r (Knedler), Andreas und Joh. Georg aus
Erbstetten (Nagold) nach Pr.-Polen; Jakob, 1804 aus
Afalterbach (Marbach) nach Pr.-Polen.
K 0 c h, Andreas, 1803 aus Bösingen (Nagold) nach
Pr,-Polen; Michael, 1803 aus Warth (Nagold) nach
Pr.-Polen.
K 0 n z, Johannes, 1830 aus Schwieberdingen (Lud-
wigsburg) nach Warschau.
Kr e b s, Heinrich, 1804 aus Eberstadt (Weinsberg)
nach Polen.
K üb I e r (Kiebler), Georg, 1803 aus Ochsenberg
(Brackenheim) nach Pr.-Polen; Jakob, 1804 aus Erb-
stetten (Nagold) nach Pr.-Polen.
Kuh nie. Philipp, 1838 aus Kirchberg (Marbach)
nach Warschau.
Kur z, Wilhelm, 1803 aus Zaberfeld (Bracken heim)
nach Pr.-Polen; Johannes, 1804 aus Erbstetten (Na-
gold) nach Pr.-Polen.
La n g, Christoph, 1804 aus Aldingen (Ludwigs-
burg) nach Pr.-Polen.
. La y her, Chrislian, 1839 aus Kirchberg (Marbach)
nach Warschau.
L e h r(e), Johannes und Konrad, 1803 aus Iselshausen
(Nagold) nach Pr,-Polen.
Lei b b r a n d, Andreas, 1804 aus Kleiningersheim
(Besigheim) nach Warschau.
Li e der er, Andreas, 1804 aus Horkheim (Vai-
hingen) nach Pr,-Polen,
lu tz (Luz), Bernhard und Hansjörg, 1803 aus Schie-
tingen (Nagold) nach Pr.-Polen; Johannes, 1803 aus
Beihingen INagold) nach Pr.-Polen.
Mac k, Johannes, 1804 aus Erbstetten (Nagold)
nach Pr.-Polen.
Mai e r (Mayer, Meier), Andreas, 1803 aus Bösin-
gen INagold) nach Pr.-Polen; Georg, 1803 aus Merk-
lingen (Calw) nach Polen; Jakob, 1802 aus Bösingen
(Nagold) nach Südpreußen; Johannes, 1803 aus
Haiterbach (Nagold) nach Pr.-Polen; Johann Jakob,
1839 aus Burgstall (Marbach) nach Warschau; Elias,
Schuster, 1841 aus Bodelshausen (Rottenburg) nach
Südpreußen.
M ar qua r t. Johann, 1804 aus Enzweihingen (Vai-
hingen) nach Pr.-Polen.
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M art in, Friedrich, 1803 aus Pfäftingen (Tübingen)
nach Pr.-Polen,
M a r x (Marks), Martin, 1803 aus Schwandorf (Na-
gold) nach Pr.-Polen.
M a t his, Konrad, 1783 aus Tailfingen (Balingen)
nach Polen.
Mau s er, Johann Georg, 1832 aus Lautern (Back-
nang) nach Warschau.
Me s s e r s c h mi e d, ..., 1832 aus Illingen (Maul-
bronn) nach Südpreußen.
Müll er, Johannes, 1804 aus Beihingen (Nagold)
nach Kochanow; Jakob, 1817 aus Grötzingen (Nür-
tingen) nach Pr.-Polen; Johannes, 1832 aus Pleidels-
heim (Marbach) nach Polen; Bernhard, 1839 aus Erb-
stetten (Nagold) nach Warschau; Johann Georg,
1839 aus Kirchberg (Marbach) nach Warschau.
Nie t h a m m er, Friedrich, 1847 aus Kirchheim
(Teck) nach Polen.
o ß wal d. Jakob Friedrich, 1832 aus Oßweil
(Ludwigsburg) nach Warschau.
o t t 0, Johannes, 1802 aus Schwenningen (RottweiI)
nach Südpreußen,
Pa 1 me r, Johann Georg, 1803 aus Emmingen
(Na gold) nach Pr.-Polen.
P f äff 1 e, Michael, 1803 aus Merklingen (Calw)
nach Pr.-Polen.
P fe i f f er. Christoph Friedrich, 1832 aus Klein-
sachsenheim nach Pr.-Polen.
Raa t, Jakob Friedrich, 1803 aus Nagold nach Ko-
chanow.
Rap p, Jakob Friedrich, 1803 aus Nagold nach
Kochanow.
Rau s c her. Hansjörg, 1803 aus Schietingen (Na-
gold) nach Kochanow.
Re b man n, David, 1832 aus Markgröningen (Lud-
wigsburg) nach Warschau.
Re i f f. Friedrich, 1817 aus Walheim (Besigheim)
nach Neu-Ilvisheim.
Re i n h a r d. Jakob, 1804 aus Aldingen (Ludwigs-
burg) nach Pr.-Polen.
Ren z, Jakob, 1801 aus Pfullingen (Reutlingen) nach
Pr.-Polen; Johann Jakob, 1833 aus Oberjettingen
(Herrenberg) nach Warschau.
Re u t t er, Johann Georg, 1803 aus Schwandorf
nach Kochanow.
R i e ger, Christian, 1803 aus Schwandorf (Nagold)
nach Kochanow.
R ö c k er. Hans Georg, 1804 aus Bodelshausen
(Rottenburg) nach Pr.-Polen.
Rom a n n. Johann Adam, 1803 aus Schietingen
(Nagold) nach Kochanow.
Roß n a gel, Christoph, 1803 aus Zaberfeld
(Brackenheim) nach Pr.-Polen.
Ruf, Konrad, 1804 aus Bodelshausen (Rottenburg)
nach Südpreußen.
Ru 0 ß, Johannes, 1816 aus Münsingen nach Pr.-
Polen.
Sc hab er, Michael, 1803 aus Schietingen (Na gold)
nach Pr.-Polen,
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Deutscher Kantor aus Bialoleka
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S c hai b 1 e. Friedrich, 1804 aus Marschalkenzim-
mern (Sulz) nach Kochanow.
Sc h i e fe r, Johann Christoph, 1832 aus Lauften
(Besigheim) nach Warschau.
S chi 11 i n g, Johannes, 1832 aus Neckarweihingen
!Ludwigsburg) nach Warschau.
S chi e n k er, Jerg und Paul, 1802 aus Schwennin-
gen (Rottweil) nach Südpreußen.
Sc h m i d t, Martin, 1803 aus Ochsenberg (Bracken-
heim) nach Pr.-Polen.
Sc h n eck e n bur ger, Jakob, 1802 aus Schura
(Tuttlingen) nach Südpreußen.
Sc h n eid er, Konrad, 1804 aus Neckarwestheim
(Besigheim) nach Pr.-Polen,
Sc h 0 11, Andreas Jakob, 1804 aus Horkheim (Vai-
hingen) nach Polen; Johann Jakob, 1832 aus Kirch-
heim (Besigheim) nach Polen.
S c h r a y, Bernhard, 1839 aus AlImersbach (Mar-
bach) nach Warschau.
S c h ü ß I er, Martin, 1804 aus Bodelshausen (Rotten-
burg) nach Südpreußen.
Sc h u 1 z, Gottfried, 1821 aus Kirchheim (Besigheim)
nach Polen.
Sc h um ach er, Gottfried, 1802 aus Sindelfingen
(Böblingen) nach Pr.-Polen.
Sc h war z, ..., 1803 aus Stuttgart nach Pr.-Polen.
Sc h w e i kar t, Michael, 1804 aus Bodelshausen
(Rottenburg) nach Pr.-Polen.
Sc h w ei zer, Urban, 1802 aus Offingen (Cann-
statt) nach Südpreußen.
Sem m I er, Gottlieb, 1833 aus Walheim (Besig-
heim) nach Polen.
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Kaiser Joseph 11., zeitgen, Stich
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Se u t t er, Joh. Konrad 1832 aus Kirchheim (Besig-
heim) nach Warschau.
Sie ß er, Baltas, 1802 aus Gechingen (Calw) nach
Pr.-Polen.
S t a h I, Martin, 1838 aus Cleversulzbach (Neckar-
sulm) nach Warschau.
S t eck, Johann Friedrich, 1804 aus Kaltental (Stutt-
gart) nach Pr.-Polen; Christoph, aus Sindelfingen,
1859 in Zackulin, Kr. Lowicz.
S tee b, Johannes, 1803 aus Beihingen (Nagold)
nach Pr.-Polen.
S t i c k e I. ..., 1804 aus Nagold nach Kochanow.
S t 0 c kin ger, 1803 aus Oberjettingen
(Herrenberg) nach Warschau.
S t r 0 bel, Martin, 1804 aus Leidringen (Sulz) nach
Schwenningen b. Warschau.
Ve i gel (Feygel), Christoph, 1840 aus Hessigheim
(Besigheim) nach Polen.
Ve t te r (Fetter), Daniel, 1804 aus Oschelbronn
(Maulbronn) nach Pr.-Polen; Jakob, 1832 aus Klein-
ingersheim (Besigheim) nach Polen.
V 0 g'e I (Fogei), Georg, 1804 aus Benningen (Mar-
bach) nach Polen; JohanJ.es, 1832 aus Hausen (Brak-
kenheim) nach Polen; Michael, 1833 aus Diefenbach
(Maulbronn) nach Polen.
V 0 I z (Foltz), Johannes, 1842 aus Poppenweiler
(Ludwigsburg) nach Polen.
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V 0 ß eIe r, Johann und Martin, 1803 aus Tuningen
(Tuttlingen) nach Südpreußen.
Wa g n er, Johannes, aus Bickelsberg (Sulz), 1832
in Konstantinow (Kr. Lowicz); Andreas und Karl,
1838 aus Kochendorf (Neckarsulm) nach Polen; Mar-
tin, 1832 aus Massenbach (Brackenheim) nach Polen:
Johann Georg, 1832 aus Steinreinach (Waiblingen)
nach Polen.
W a h I, Johann Georg, 1838 aus Kleinaspach (Back-
nang) nach \\1arschau.
Wal z, Christian Friedrich, 1803 aus Nagold nach
Kochanow; Johannes und Martin, 1803 aus Schwan-
dorf (Nagold) nach Pr.-Polen.
Web er, Jakob, 1804 aus Roßwag (Maul bronn)
nach Pr.-Polen.
Wer n er, Michael, 1803 aus Vv'arth (Nagold) nach
Pr.-Polen.
Wie d mai er, Johann Friedrich, 1803 aus Sindel-
fingen nach Pr.-Polen.
W i I d, Johann Jakob, 1832 aus Oberriexingen (Vai-
hingen) nach Warschau.
\\1 i ß n er, Andreas und Joh. Jakob, 1804 aus Mar-
schalkenzimmern (Sulz) nach Pr.-Polen,
\V ö I f I e, Johann, 1803 aus Offingen (Cannstatt)
nach Südpreußen, 1832 Gluchow.
W ö sn er, Jakob, 1803 aus Ochsenberg (Bracken-
heim) nach Pr.-Polen.
Wo I f, Christoph, 1832 aus Brackenheim nach
Polen.
W ü r r ich (Wirch), Johannes, 1832 aus Zaberfeld
(Brackenheim) nach Polen.
W urs t er, Jakob und Matthäus, 1803 aus Bösin-
gen (Nagold) nach Kochanow.
Z ais er, Wilhelm, 1804 aus Schwieberdingen
ILudwigsburg} nach Leszno; Wola Friedrich, 1804
aus Wildbad (Neuenbürg) nach Pr.-Polen.
Z i m m e r man n, Konrad, 1803 aus Kirchentellins-
furt (Tübingen) nach Pr.-Polen: Johannes, 1816 aus
Hausen (Brackenheim) nach Polen.
Weitere Angaben über die Personalien und den
Familienstand dieser Auswanderer aus Württemberg
vermittelt auf Wunsch die Forschungsstelle Schwa-
ben im Deutschen Ausland-Institut in Stuttgart, Ri-
chard-Wagner-Straße 4. Doch empfiehlt es sich, zu-
vor die Herkunft des eingewanderten Vorfahren in
den bei der SippensteIle der Regierung des General-
gouvernements, Innere Verwaltung, Abteilung Be-
völkerungswesen und Fürsorge, in Krakau und teil-
weise noch bei einigen deutsch-evangelischen Pfarr-
ämtern im Lande befindlichen Kirchenbüchern fest-
stellen zu lassen, Auch für alle weiteren Familien-
namen sollte im Laufe der Zeit der Herkunftsort des
Einwanderers aus den Kirchenbüchern des General-
gouvernements festgestellt werden. Dies wird sich
1reilich erst nach dem Kriege ermöglichen lassen.
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PFALZISCHE GALlZIENSIEDLER SCHREIBEN BRIEFE UM 1785
/lill ,-ilIr r/ii/;wr Sil/(I/III'h/'ill/ll Nillll in UII"iil'zlar FiJNNUnu dlllll ..fJNldIJIIINI;hIJII r"I"Nblilll" /!/:U all 1111"" 111 IJ 11. /liIJNIJ
1.IJi/NI;brill liir 1IIJIIIs/;ha in P"IIJII IJrNI:hilJn in LllIllbaru ill dar ZlJiI Hili 11122 biN W3R UIN /\ulhl"IUIII'in dlJN
../lIJIIINI;hIJII r"I"NhlilIlIJN liir liulizilJlI". "1J1f;hlJs ill iiNlarrfJiI:hiNI:IIIJII ZlJilIJII Will biN I!-IIH UllJil:hlul/N ill LalllhlJru
IJrNI;biIJII. lilJdrlll;kl "urdlJ dia ZailNchrill hai ,\fiidlar ill Hiull'.
I b e r s h e i m e rho f (Pfalz), den 26. Juni 1785
Lieber Vetter!
Durch diese gute Gelegenheit tue Euch zu wissen,
daß unsere Reise bis dato verzogen, aber jetzt bis
morgen als den Dienstag früh gestellt ist, so wir
leben und der Herr will. Auch haben wir alles ver-
kauft, ohne einen Webstuhl und vier Geschirr '-md
das Spulrad, weil sie aber dafür nichts geben wollen,
oder gar geschenkt, so tue Dir's hiermit zu wissen,
daß Du mit Gelegenheit diesen Webstuhl allhier ho-
len kannst mit dem bemeldeten Geschirr und Spul-
rad; denn Ihr habt uns auch schon viele Dienste
getan, daher will ich Euch lieber wohlfeil oder als
ein Geschenk überlassen. Den Webstuhl habe für
12 H. erlaubt, weil sie aber sehen, daß wir fort wol-
len, so haben sie 6 H, geboten. Lieber will ich nichts.
Das Spulrad habe für einen H. ästimiert (abgeschätzt).
Komm nur herunter in 8 oder 14 Tagen und hole es.
Je eher, je besser, Die Beständer haben den Borkhol-
der von Buchheim angenommen, er wird aber doch
nicht sogleich kommen. Der Stuhl bleibt in der Werk-
statt stehen, das Spulrad und die Geschirr sind bei
Jakob Wanner, unserem Nachbar, abzuholen. Auch
lasse Euch wissen, daß ich und der Heinrich wir uns
in den christlichen Ehestand begeben haben. Ich
mit der Jakobs Müllers Tochter von R u dei s h e im
namens Elisabeth; und der Heinrich mit Hanna Ey-
männin von Bennhausen. Hiermit grüße ich und die
Meinigen Euch alle aus herzlicher Liebe und befeh-
le uns und Euch in den Schutz Gottes des Aller-
höchsten. Der Herr sei bei uns auf dieser Reise! Wir
sind auch so gesinnt so zu tun: Hiermit sage Adieu
und so wir jemand beleidigt, die wollen uns um
Christi willen vergeben, denn wir werden einander
in dieser Welt doch nicht mehr sehen. Geschrieben
in Eil. Verbleibe Euer geneigter Vetter
Jakob Müller
.
. .
An Johann Weber Kindenheim (Pfalz)
F alk e n s t ein. den 9. August 1785
Herzlich geliebte Freunde in Christol
Ich bitte nicht für übel zu nehmen, weil wir nicht
gleich haben schreiben können, wir tun Euch alle
sämtlich grüßen aus herzlicher Liebe und tun Euch
zu wissen und allen, denen daran gelegen, wie es
um uns steht. Wir sind dem Herrn sei Dank noch
alle gesund. Unsere Reise betreffend, so ist dieselbe,
wie wohl zu denken beschwerlich (gewesen). Doch
sind wir durch Gottes Gnade gesund hereingekom-
men, sondern mußten wir uns oft verwundern, daß
unsere Mutter so gesund geblieben und ihr auf der
Reise gar nichts gefehlt hat. Da wir von Regensburg
fuhren, so mußten wir zu L i n z, der Hauptstadt
in Oberösterreich, dritthalb Tage still liegen von
wegen dem Anwachsen der Donau, weil die Schiffs-
leute nicht unter der Brücke durchfahren konnten.
Zu Wie n, der Hauptstadt in Unterösterreich, war
unsere Versäumnis bei 6 Tage. Von Wien bis Bi a I a
etliche 90, zur Post wird gerechnet 100 Stund. Biala
ist die Grenze und die erste Stadt in Polen. Von
Biala bis auf Lemberg sind's gerade 100 Stund.
Was das Land anbelangt, so will ich dasselbe be-
richten. Wann ich schon nicht lange hier bin, so
kann ich doch schreiben, was ich gesehen. Wenn
man von Biala bis Lemberg die Straße rechts geht,
die wir fuhren, und läßt Krakau links liegen, so ist
bei 30 oder 40 Stunden das Land recht gut. Denn am
Gewächs haben wir den Unterschied des Landes
gar klar unterscheiden können. Wir haben bis auf
Lemberg sehr viel Sandfeld angetroffen und den-
noch müssen wir uns über das Gewächs dieser Sand-
felder verwundern. Die Gegend bei Lern b erg ist
eine sehr fruchtbare Gegend und wächst alles sehr
schön, ausgenommen der Wein. Doch kann man un-
garischen Wein haben, die Maß 21 kr., auch 30 kr.,
wie man ihn haben will, Auch wird sehr viel Vieh
gezogen. Von 9 H. kann man eine fast der größten
Kühe kaufen. Eine Gans für 7 kr. Die Leinwand ist
sehr wohlfeil,
Polen ist überhaupt ein ebenes Land, nicht viel fel-
siges Gebirge, die Steine sind an unterschiedlichen
Orten sehr rar. Zu F alk e n s t ein, dem neuen
Ort, wo die Mennoniten wohnen, fLldet man nicht
so viel Steine, daß einer einen Vogel schießen kann.
Es ist, wie gemeldet, diese Gegend sehr fruchtbar
und doch wird das land fast nicht gedüngt, in Lem-
berg hat einer seinen gewissen Lohn, wenn er den
Mist in den Graben oder vor die Stadt führet, auf
Haufen, allda viel Tausend Wagen voll Mist liegen.
Die Deutschen kaufen ihn bei den Polaken, den Wa-
gen voll für 5 kr., auch 4 kr. Wenn es nicht zu weit
wäre auf Lemberg zu, den Mist zu holen, alsdann
bekämen sie auch den Fuhrlohn, daß nur wegkäme.
Nun von der Landesart und Einrichtung zu melden,
diese Gegend bei Lemberg ist eine der besten Ge-
genden in ganz Galizien, wie ich höre. Die Menno-
niten wohnen 6 Stunden von Lemberg rechterhand
(südlich); Ursach dessen, weil es nicht viel Gebirg
hat, so trifft man auch nicht viel Springbrunnen
IQuellen) an, aber viele Fischteiche sind in Polen.
Wenn aber jemand diese Reise nach Polen wollte
vornehmen, denen sage zur Nachricht, daß Leute,
die keine Brüder oder Schwester oder Vater oder
Mutter in dem Lande haben, nicht mehr hineinkom-
men, oder sie müßten von dem Kommissarius zu
Frankfurt einen Paß haben; denn jetzt hält es sehr
hart nach Polen zu kommen, denn die Leute, die
keinen Paß von Frankfurt oder Wineweiler hatten
und kein Geld zu Wien hinterlegen konnten, der
15
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mußte ohne Verzug nach Ungarn. Wir hinterlegten
zu Wien 400 fl., habens aber zu Lemberg auf dem
Zahlamt empfangen, Es ist aber diese Reise, wie ge-
meldet, beschwerlich von wegen der Sprachen und
dem Geld; das französische Geld ist zu unkenntlich
(unbekannt) und gilt nicht; das Konversationsgeld
gilt, wie es geschlagen ist. Daher ist es das beste
holländische garante Dukaten oder Severin.
Für diese gnädige Führung Gottes können wir Gott
dem Allmächtigen nicht genug danken. Eine so weite
Reise, nach unserer Berechnung beinah 400 Stunden.
Ich schreibe nochmal, wenn sich jemand auf diese
Reise begeben wollte, wozu ich niemand rate, bis die
Leute, die im Lande sind, versorgt sind, so soll er zu
Wien sich einen Kameralpaß geben lassen und soll
sich nur keinen Privatpaß geben lassen, denn solche
Leute haben keine Unterstützung wie die anderen
Leute, die Kameralpaß haben. So ich lebe und Gott
will, werde Euch ein weiteres berichten. Hiermit
grüßen wir alle Euch sämtlich vieltausendmal aus
herzlicher Liebe, grüßet uns alle unsere Freunde und
lasset sie diese Nachricht wissen, auch die auf dem
Spitalhof. Noch eins. Wir sind wie Schafe ohne Hirten
in diesem entfernten Land und mit dem Gottesdienst
ist es sehr schlecht bestellt, denn der Joseph Münd-
lein und der Krehbiel, diese zwei lesen sonntäglich
etliche Kapitel und vermahnen die Leute ein wenig
Der Mündlein ist eine Zeitlang Oberschultheiß ge-
wesen und der Krehbiel hat eine lutherische Frau.
Geliebter Vetter! Wenn Du uns wieder schreiben
willst, so adressiere den Brief an Johannes Schrag
zu Nikonkowitz bei Lemberg, bei welchem wir zu
Hause sind, bis unsere Wohnung fertig ist. Ich ge-
dachte, daß Lemberg nahe bei Danzig wäre, es ist
aber bis auf Danzig 100 Meilen oder 200 Stunden
von uns nordwärts, Schreibe nur über Frankfurt,
Wien, Lemberg, Nikonkowitz.
Ich grüße Euch mitsamt den Meinigen nochmals aus
herzlicher Liebe. verbleibe durch Gnade Euer ge-
neigter Vetter
Jakob Müller
Na c h s ehr i ft. Von dem Daniel Bergthold zu
melden, daß er mit uns glücklich hereingekommen
ist, auch hat er's befohlen zu melden, daß sie gesund
hereingekommen wären; denn er will nicht schreiben
bis daß seine Frau niedergekommen ist.
Wir waren auf der Reise 6 Wochen 3 Tage.
Wenn Du schreiben willst, so sage nochmal: Johannes
Schrag zu Nikonkowitz bei Lemberg.
.
.
.
F alk e n s t ein, Mai 1786
Geliebter Freund! Dein mir sehr angenehmes Brief-
lein habe zu seiner Zeit richtig erhalten, ich habe
selbiges gleich nach dem Neujahrstag beantwortet,
ist aber zu meiner Betrübnis verhindert worden also
daß ich nochmals, geliebter Vetter, eine Zeit hernach
aus Liebe Dir schreiben mußte, Du meldest in Dei-
nem Brief die Reise ausführlicher zu vernehmen.
Wir fuhren über Land bis Regensburg von da zu
Wasser bis auf Wien. Von Regensburg bis auf Wien
kostet der Kopf 3 fl" eine Kiste 1 fl. Was in Säcken
ist, ist frei. Von Wien bis auf Biala, die erste Stadt
16
in Polen, fuhren wir über Land. Von da bis Lemberg
fuhren wir auch Über Land. Es hat ein jedes von uns
30 fl. gekostet; dennoch hat es uns noch nicht gereut.
Wir müssen bekennen. was David sagt, daß der Herr
die Seinen wunderlich führt.
Du fragst, was das für Güter sind. Es sind lauter
Güter, die der Kaiser von Klöstern und Adligen ein-
gezogen; auf unterschiedlichen Orten bekommen
die Deutschen lauter gebautes Land, An einigen Orten
ist das Land sehr gut, an anderen nicht. Es ist wahr,
es sind Leute, denen es gar nicht ansteht in Polen.
Es ist auch dies die Ursach, daß viele.Privatpässe
genommen haben zu Wien. Diese kommen auf keine
kaiserlichen Güter, sondern werden den noch ge-
blie"benen Edelleuten angewiesen, diese tun sie auf
ihr schlechtes Land, selbiges instand zu bringen, Zu
Wien wollten sie uns auch Privatpässe geben. Wir
baten aber um Kameralpässe, wir wollten lieber dem
Kaiser dienen, als den Edelleuten. Da bekamen wir
Kameralpässe, ich und Heinrich, die Mutter aber mit
unseren 3 Schwestern bekamen einen Reisepaß. Wir
haben aber zu Lemberg eine Bittschrift eingegeben
auf dem Gubernium und die Resolution erhalten, daß
die Mutter auch ihr Gut kriegt.
Stein und Kalk sind bei uns nicht viel... Darüber
habe ich mich schon sehr verwundert, demnach als
viel Gebüsch,. . daß es kein Wild hat. Wir haben
diesem die Schuld gegeben, weils noch Wölfe bei
uns gibt, daß diese das Wild all zuschanden gemacht
haben. Es ist anjetzo das Fleisch bei uns wohlfeiler
als das Brot. Das Pfund Schweinefleisch hat man
bisher kauft vor 3 1 /'/. Kr., Rindfleisch von 2 Kr. das
fette Ochsenfleisch vor 2 1 /'/. Kr. Das Vieh ist wohl-
feil, denn um 36 H. kauft man ein Paar Ochsen,
die man auf dem Mannheimer Markt für 13 auch
14 Karlin · bezahlen muß. Von dem Vieh hat man
aber keinen Nutzen wie im Reich; ich glaube aber,
wenn man ihnen abwartet wie im Reich, daß es wird
besser werden, Denn überlegts selbst: diese Leute
haben keine Ställe, nur von Reisern einen gefloch-
tenen Schuppen; da muß das arme Vieh, Pferd und
Küh, unter dem freien Himmel liegen den ganzen
Winter über,daß sie oftmals des Morgens der Schnee
bedeckt hat, daß sie so im Schnee liegen, daß man
sie fast nicht sieht. Dadurch verdirbt das Vieh, daß
es ihnen den ganzen Sommer nachgeht...
Ich wollte warten, bis ich dieses schreiben konnte,
bis wir genau wüßten, wohin wir kämen. Wir wollten
zwar auf Stähritz (Szczerzec) kommen, allda wollte
ein Kaufmann aus Lemberg eine kaiserliche Fabrik
einrichten, da wir selbiges sollten helfen treiben,
in welches Geschäft ich und mein Bruder sich ein-
mengen wollten. Wir kommen nun zu wohnen auf
ein neues Ort bei Fradicie Wolla (= Serdyca d. i.
Ein sie dei), allwo 20 Häuser gebaut werden und
sollten lauter Mennoniten auf das Ort kommen. Weil
aber der Freund Bergthold und unserer Schwager
sein Sohn und der Johannes Rupp von Alzey auf
Stähritz kommen. so waren nur noch 18 Familien
Mennoniten mit den drei Amisehen (eine strengere
Richtung der Mennoniten), so kommen noch 2 luthe-
rische auf das Gut. Es wird täglich an den Häusern
durch viel Zimmerleute gearbeitet, auch sind die
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. 1 Karlin = 21,22 M.; damalige pfälzische Goldmünze.
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Hausplätze schon verlost, daß ein jeder in dem
Garten pflanzen kann; es ist ein jeder Garten
anderthalb Korelz, ein Koretz wird gerechnet zwei
Morgen, aber es ist nach deutscher Berechnung
nur 7 Viertel. Die Hälfte von denen auf dem neuen
Ort bekommen 40 Koretz, die anderen 30 Koretz. Ich,
meine Mutter und mein Bruder, die sind auch im Los
nahe Nachbarsleute geworden. . .
Hiermit grüße Euch allesamt herzlich von mir und
meiner Frau; meine Mutter und Geschwister grüßen
alle Freunde auf den Spitalhof und Hardenburg und
bei Gelegenheit die zu Neuwied. Grüßet unsere
Freunde in Jbersheim. Hiermit befehle Euch und uns
allesamt in die göttliche Gnadenregierung!
Verbleibe Euer aller Zeit und Segen wünschender
Jakob Müll e r
.
.
.
Ein sie dei b. Szczerzec, den 19. Juni 1789
An Johannes Weber, Kindenheim.
Vielgeliebter Vetter I
Es ist meine schuldige Pflicht, Euch mit Herz und
Feder zu grüßen, sonderlich weil ich schon lange
nicht mehr geschrieben; glaube, daß Ihr viel an
uns gedenket, zum al bei gegenwärtigen Kriegsum-
ständen. Seitdem diese Unruhe entstanden, sind wir
im geringsten noch nicht damit beschwert worden,
weder mit Auflagen noch mit Frohnden; denn ich
kann wohl sagen, daß ich noch keinen von denen
dazu geordneten Kriegsleuten habe zu sehen be-
kommen.
Sonst kann von keiner merklichen Veränderung
sagen, ohne daß einige das vergangene und dieses
Jahr in die Ewigkeit sind übergangen; ob sie Dir
bekannt. weiß ich nicht. Das vorige Jahr 1788 den
22. August Peter Kintzi von \Vartenberg und dieses
Jahr 1789 den 13. Februar Tobias Brubacher. (Es
folgen lauter Familiennachrichten von Sterbefällen,
Geburten und Eheschließungen.)
Die Veranlassung, da aus Liebe so bald auf meines
Bruders Brief schreibe, ist diese, weil ich möchte Dir
etwas aufgetragen, daß wann einige ledige Burschen
zugegen, mit ihnen redest, ob sie nicht diese Rei
e
möchten vornehmen, zu uns zu kommen, es sind ver-
schiedene schöne Gelegenheiten und wanns 4 oder
5 wären.
Wann unser Vetter Johann Blüm noch bei Euch ist
und nicht wider den Willen seiner Eltern, wollte
raten, zu uns zu kommen. Es sind vor 2 Jahren mit
Josef Mündlein auch 21edige Bursche zu uns kommen,
namens Peter Andreas und Daniel Merk und haben
auch gleich ihre Angelegenheit, der erstere hat dem
Joh. von Huwen seine Tochter und D. Merk hat
unsere Tochter Elisabetha,
Es reut mich nicht, daß ich hereingezogen und wann
im Reich ich für meine Person hatte 1500 Fl. oder
noch mehr gehabt, hätte nicht, was ich jetzt habe.
Wenn einige kommen wollen, sollen sie sich nur
einen Reisepaß machen lassen und damit können sie
reisen. Wenn man auf Regensburg reist, bleibt man
durchweg in den kaiserlichen Landen nach Wien,
Biala und Lemberg.
Unsere Abgaben und Frohnden sind jährlich vom
Besitztum meines Gutes von 34 Koretz, wenns voll-
ständig bezahlen muß 29 Fl. 31,40 kr, Und jeden
vierten Tag jährlich mit seinem Zugvieh fröhnen . . .
Da nicht mehr Raum habe zu schreiben, so grüße
Deine Liebe Mutter, Dich, Deine Frau und Geschwister
und alle unsere Freunde und die nach uns fragen
Dein geneigter Vetter
ß
Jakob Müller
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Plan des deutschen Dorfes Falkenstein bei Niekonkowic
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DEUTSCHES DORF AM DUNAJEC
Bald hinter Tylmanowa verläßt der eilig dahin-
fließende DU::J.ajec das enge Tal. Immer breiter wird
sein silbernes Band. Das Gebirge tritt zurück.
Vor uns breitet sich, umrahmt von den grünen
Höhen der Beskiden, das Sandezer Land.
Zwei Straßen durchziehen es von Süden nach
Norden, An diesen hauptsächlich entstanden die
Ansiedlungen deutscher Kolonisten, die Kaiser
Joseph 11. ins Land rief. Sie kamen nicht, um sich
auf Kosten der Bewohner zu bereichern, wie es
eine polnische ..Wissenschaft" so gern darstellen
wollte, sondern als Pioniere der Arbeit und der
Kultur. Der größten und schönsten unter diesen
Siedlungen gilt unser Besuch.
\Vir kommen von Süden auf der Straße nach Alt-
Sandez und sind ganz überrascht, als nach einer
Biegung, beschattet von hohen, alten Bäumen,
D e u t s c h - Goi k 0 w i t z vor unseren Augen
liegt. Wir glauben uns in ein binnendeutsches
Dorf versetzt, wir fühlen es gleich: hier wohnen
deutsche Menschen, hier ist Deutschland, hier ist
Heimat! Beiderseits der Straße grüßen säuberlich
ausgerichtet die sich eng aneinanderschmiegenden,
freundlich hell getünchten Anwesen. Das ganze
Dorf wie jedes einzelne Gehöft nach einem ein-
heitlichen Plan angelegt.
Die geschlQssene Anlage blieb bis zur heutigen
Zeit bei den meisten Gehöften erhalten: gegen-
über dem geräumigen steinernen Wohnhaus, des-
sen Giebel zur Straße blickt, steht der Frucht-
speicher; beide verbindet eine Mauer, die eine
Durchfahrt für die Wagen und eine Tür frei läßt.
An Wohnhaus und Fruchtspeicher lehnen sich die
Ställe; quer zu diesen schließt der Geräteschuppen
das Hofinnere ab, durch den wieder eine Durchf.1hrt
in den Obst- und Gemüsegarten mit dem tiefgehen-
den Brunnen führt. An dessen Ende steht die aus
Holz erbaute große Scheune.
Alte Akten und Kirchenbücher erzählen
Wie sah es in Galizien aus, als es im Jahre 1772
in der ..ersten polnischen Teilung" an Osterreich
fiel? J 0 s e phI 1., Maria Theresias Sohn und Mit-
regent seit 1765, wollte aus eigener Anschauung
den Zustand der neuerworbenen Provinz kennen-
lernen. Ohne jeden Prunk, inkognito als ..Graf Fal-
kenstein" - wir erinnern uns seiner berühmt ge-
wordenen Zusammenkunft in Neiße mit Friedrich
dem Großen im August 1769, bei der er ebenfalls
als ..Graf Falkenstein" auftrat - unternahm der
Kaiser mehrere Reisen durch das ganze Land unter
großen Beschwerlichkeiten zu Pferd und zu Wagen.
Bereits im Juli 1773 trat er die erste Reise an, sie
dauerte fast zwei Monate. Auch Niepolomice, Kasi-
mir (bei
rakau, es fiel 1778 wieder an das König-
reich Polen zurück), Wieliczka, Bochnia, Skawina
und Neu-Sandez besuchte der Monarch damals.
Er überzeugte sich persönlich von dem großen
Elend des Bauern, der Anmaßung des Adels, der
Macht der katholischen Geistlichkeit, der Ausbeu-
tung des Landes rIurch die Juden. dem Verfall (Jer
VON HANS J. BUJA
Kultur, der Verwahrlosung der Städte. In seinen
Reiseaufzeichnungen schreibt er: ..Der Bauer ist
ein Unglücklicher, der nichts als das Äußere eines
Menschen und das physische Leben besitzt."
Um dem Lande wieder aufzuhelfen, beschließt der
Kaiser, deutsche Bauern, Handwerker und Kauf-
leute zur Einwanderung aufzurufen. So öffnet sich
seit 1772 und insbesondere seit Erlaß der Ansied-
lungs- und Toleranzpatente 1781 auch das Sandezer
Land - nach der ersten deutschen Besiedlung im
Mittelalter - einer neuen deutschen Einwande-
rung. Der Abschnitt 10 des Ansiedlungspatentes
vom 17. September 1781 enthält die Bedingungen
für die auf den Kameralherrschaften anzusiedeln-
den Bauern, wobei die Protestanten zum erstenmal
uneingeschränkt zugelassen sind: Der Kaiser will
ihnen neben der ..ungestörten Privat-Religions-Aus-
übung":
..1. Ein eigenes Baurenhaus und Stallungen, nebst
rIenen Ackerbau-Gerätschaften unentgeltlich ein-
antworten.
2. Einen angemessenen Baurengrund erbeigenthüm-
lich ebenfalls unentgeltlich zumessen und hier-
wegen,
3. sie durch 10 Jahre von aller Steuer, oder Grund-
zins freyhalten lassen, nach Verlauf welcher sie
dagegen eine mäßig anlegende Retribution, oder
Ehrung in Recognitionem Dominii zu entrichten
haben wÜrden; desgleichen
4. sollen sie von aller Roboth, oder Frohndienstlei-
sten, jedoch nur durch 6 Jahre keine stärckere
Zug- oder Handroboth als die nach Maaß ihrer
überkommenden größeren oder minderen Ansäs-
sigkeit vorschriftsmäßig allhier zu entrichten ha-
ben, welche ihnen gleich allen übrigen Cam-
meral-Unterthanen in Geld, oder in Körnern
abzulösen eingestanden werden wird,"
Die Einwanderer stammten zum überwiegenden
Teil aus Südwestdeutschland, vor allem aus dem
Gebiet der alten Kur p f a I z, ferner aus B a -
den, H e s sen, W ü r t t e m b erg und deren
Nachbargebieten. Nach Deutsch-Golkowitz kamen
die ersten Ansiedler im Jahre 1784. Neben dem pol-
nischen Dorf Golkowice, das wie viele Orte des San-
dezer Landes im Mittelalter deutsches Recht erhalten
hatte, wurde die Siedlung auf dem Grunde eines
früher dem Nonnenkloster AIt-Sandez gehörenden,
dann von der AIt-Sandezer Kameralherrschaft ver-
walteten Meierhofes errichtet in der Form des regel-
mäßigen Straßendorfes, wie sie typisch ist für die
von den kaiserlichen Ingenieuren angelegten Ko-
lonien. Bis 1786 wurden dort 8 katholische, 7 refor-
mierte und 5 lutherische Familien angesiedelt, eine
HandwerkersteIle und 19 Bauernhöfe. 1794 wurde auf
dem Hof NT. 42 die deutsche Volksschule errichtet.
Die Namen eines Teils der ersten Ansiedler in
D e u t s c h - Goi k 0 w i t z seien hier genannt,
deren Herkunftsorte auch bekannt sind:
1. Heinrich Bös b i e raus K erz e n h e im, Kreis
Kirchheimbolanden/Pfalz,
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Die Koloniestrilße in Deulsch-Golkowitz
2, Adam F ren ger aus H eil i gen m 0 s c hel,
Krs. Kaiserslautern/Pfalz,
3. Heinrich Fr ö h I ich aus S t ein fis c h b ach,
Krs. Usingen/Hessen-Nassau,
4. Peter Gut t e n b erg e raus B r e uni g w e i -
I er, Krs. Rockenhausen/Pfalz,
5. Andreas Hof f man n - er wird der erste
Orts richter in Deutsch-Golkowitz - aus H ö n -
ni n gen, Krs. Neuwied/Rhld.,
6. Johann K ö r b e raus K 0 II w eil er, Krs. Ku-
sei/Pfalz,
7. Peter K ö rb e raus K 0 II we i I er. Krs. Ku-
sel/Pfalz,
8. Friedrich Lad e n b erg e raus Duc h rot h ,
Krs. Rockenhausen/Pfalz,
9. Andreas Lei b I aus Hut t e n h e im, BA,
Bruchsal/Baden,
10. Friedrich Müll e raus S u I z f eid, BA. Sins-
heim/Baden,
11. Lorenz M ü I I e raus H e i m kir c h e n, Krs.
Kaisersl;utern/Pfalz,
12, Martin S c h u h mac her aus B rau b ach,
Krs. Sankt Goarshausen/Hessen-Nassau,
Sie stammen also sämtlich aus dem oberrheinischen
Raum. Den katholischen Familien begegnen wir in
Deutsch-Golkowitz später überhaupt nicht mehr. In
welchem Maße sie zum evangelischen Glauben über-
traten oder im Polen turn aulgingen, wird zu klär
n
sein an Hand der Kirchenbücher römisch-kath
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lischer Pfarreien und der evangelischen Pfarrei
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Anfnahme: Brander
S t a d I 0, zu der die Evangelischen von Deutsch-
Golkowitz eingepfarrt sind. In letzteren finden sich
jedoch, soweit bisher festgestellt, nur wenige Spuren
der katholischen deutschen Ansiedler; so verzeichnet
z, B. das Traubuch als Zeugen unter dem 25. Oktober
1800 den bereits genanpten Martin Sc h u h mac her
als katholischen Ansiedler in Deutsch-Golkowitz.
Im Sommer 1787 - nachdem er bereits seit Mai 1786
von Alt-Salldez aus die Gemeinde betreut hatte -
kommt der erste evangelische Pastor nach Stadlo:
Johann Michael Christ.an Sei t z, "aus Sontheim
im Herzogtum Eisenach" gebürtig, wie die Gedenkin-
schrift in der Kirche besagt. Lange hält er es unter
dem in der ersten Zeit nach der Ansiedlung recht
unruhigen Kolonistenvölkchen nicht aus. Im Sommer
1793 verläßt er Stadlo und übernimmt die Pfarrei
Feffernitz in Kärnten, Die Eintragungen von seiner
Hand in dem ältt'sten Taufbuch (das übrigens in der
Zeit der russischen Besetzung im Winter 1914/15
durch die "fachmännische" Behandlung der Kosaken
schwer beschädigt, jetzt aber wiederhergestellt
v.rurde, so daß wenigstens etwa die Hälfte der Ein-
tragungen noch gerettet ist) zeugen von den starken
Bewegungen unter den deutschen Kolonisten in
jener Zeit: Da "sind alle Podegrodscher 1786 im
Herbst, fünf an der Zahl, theils versetzt theils ab-
gestiftet worden und Polen haben die Gründe be-
kommen", ist Heinrich B 0 II e n ba c haus Gabon
"weggezogen in die Lezajsker Herrschaft im März
1787", ist Christi an Gen te man n aus Alt-Sandez
"nach Stryj gezogen 1787", hat Johann Friedrich
K i I z aus Biczyce "seinen Grund 1788 im Frühjahr
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Hof Magenheimer in Deutsch-Golkowitz
abgegeben und ist wieder nach Deutschland gegan-
gen", ist Adam M a t ern, reformierter Ansiedler
in Swierkla, ..1792 im Frühjahr weg nach Ungarn
gezogen".
Die Kirchenbücher der evangelischen Pfarrei Stadlo,
deren Eintragungen schon 1786 beginnen, wie auch
die 1803 beginnenden der Schwestergemeinde Ne u-
San dez, verwahrt jetzt die Sippenstelle der Re-
gierung des Generalgouvernements, Hauptabt. Innere
Verwaltung, in Krakau. Sie bilden eine außerordent-
lich wichtige und zuverlässige Quelle, ihre wissen-
schaftliche Bearbeitung wird einen wertvollen Beitrag
zur Erforschung der geschichtlichen, biologischen,
wirtschaftlichen usw. Entwicklung von Deutsch-
Golkowitz und der anderen deutschen Siedlungen
des Sandezer Landes geben. Weitere wesentliche
Quellen stellt'n die Ansiedlerverzeichnisse und -akten
dar, die das Hofkammerarchiv in Wien, das Staats-
archiv Lt'mberg und das Stadtarchiv Neu-Sandez
bewahren. Sie wurden bereits zu einem großen
Teil erschlossen, vor allem durch die Arbeiten von
Wilhelm-Kallbrunner (Quellen zur deutschen Sied-
IUJ:lgsgeschichte in Südosteuropa, o. J.), Schneider
(Das Kolonisationswerk Josephs 11. in Galizien, 1939)
und Kesselring (Neu-Sandez und das Neu-Sandezer
Land, 1941). In ihnen spiegelt sich ebenfalls die
große Unruhe unter den Kolonisten in der ersten
Zeit der Besiedlung. Auch in Deutsch-GoIkowitz ver-
bleiben nicht alle der in den Ansiedlerlisten von
1784 bis 1791 verzeichneten Familien, aber auch
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Aufnahme: Buja
später noch wechselt mancher Hof mehrmals seinen
Besitzer.
Die Ladenberger
Ein e Sippe jedoch lebt seit der Ansiedlung, seit
nunmehr 160 Jahren, auf dem gleichen Hof, mit dem
ihr Einwanderer bestiftet wurde: die Ladenberger
auf dem Anwesen Nr. 39. Stets vererbte der Vater
den Hof auf den Sohn. Diese ununterbrochene Kette
sei hier durch die S tarn m I i nie anschaulich ge-
macht, die mit dem Urgroßvater des Auswanderers
bt'ginnt und mit dem Enkel des heutigen Orts-
schulzen von Deutsch-Golkowitz endet.
Stammlinle der Ladenberger in Duchroth und Deutsch-
Golkowltz
I. Ladenberger, Christoph
Kirchenältester in Duchroth, Krs. Rockenhamenl
Pfalz, eV.-reformiert
. Duchroth . . . . . . . . . . 10. 3. t659
t Duchroth . . . . . . . . . . 20. 3. 1749
11. Lad e n b erg er, Johann L e 0 n h ar d
Gerichlsschöf(e in Duchroth
. Duchroth ..... 11. 10. 1687
t Duchroth . 9. t1. 1749
III. Lad e n b erg er, Johann Jak 0 b
BürRer und Meister in Duchroth
. Duchroth
t Duchrolh
00 Duchroth . . . . . . . .
1711
7. 2.1768
26. 10. 1745
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Schulze Jakob Ladenberger und Frau, Deulsch-Golkowitz
Lad e n b erg er, Johann Fr i e d r ich - Aus-
wanderer - Kolonist in Deutsch-Golkowitz Nr.39
Duchroth , . . . 31. 8. 1756
t Deutsch-Golkowitz 21. I I. 1825
00 AIt-Sandez 29. 6. t784
mit:
Geib, Elisabetha
. StaudernheimlNahe
t Deutsch-Golkowitz
mit:
Wer ger, I\nna Elisabetha
t Duchroth .
IV.
Barbara
V. Ladenberger, Johann Michael
Kolonist in Deutsch-Golkowitz Nr.39
. Deutsch-Golkowitz
t Deutsch-Golkowitz . . . .
00 Neu-Sandez
mit'
Bös b i er, Philippine
. Zawada, Krs. Neu-Sandez
t Deutsch-Golkowitz
VI. Lad e n b erg er, Philipp J a c 0 b
Kolonist in Deutsch-Golkowitz Nr.39
. . Deutsch-Golkowitz
t Deutsch-Golkowitz
00 Stadlo . . . . .
mit:
W a g n er, Dorothea
. Stadlo . . . . .
t Deutsch-Golkowitz
22
10. 3. 1769
30. 12. 1759
26. 11. 1825
16. I. 1793
21. 6. 1832
t9. 5. 18t4
1799
31. 12. 1864
und Schulze
I I. 8. 1822
28. 12. 1909
t4. I I. t843
23. I I. 1825
14, 6. 1876
Ladenberger, Johann
Kolonist in Deutsch-Golkowitz
. Deutsch-Golkowitz
t Deutsch-Golkowitz
00 Stadlo , . . . .
mit:
Gut t e n b erg er, Dorothea
. Deutsch-Golkowitz
t Deutsch-Golkowitz
VII.
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Aufnahme: Duj.
Nr. 39 und Schulze
28. 10. 1844
14. 6, 1924
t9, 2. 1871
4. 10. 1853
20. 6. 1941
VIII, Lad e n b erg er, Jak 0 b
Kolonist in Deutsch-Golkowitz
. Deutsch-Golkowitz
00 Stadlo
mit:
B u t z. Elisabeth
. Unterbach
Nr.39 und Schulze
16. 8. 1872
I. 2. 1902
. 30. 3. 1878
IX. Lad e n b erg er, L e 0 pol d
Kolonist in Deutsch-Golkowitz Nr.39
. Deutsch-Golkowitz
00 Stadlo
mit:
B u t z, Elisabeth
. Unterbach
17. 4. 1903
21. I I. 1931
15. 10. 1908
X. Lad e n b erg er, E d m und Viktor
. Deutsch-Golkowitz 14. 4. t934
Vieles an dieser Stammlinie ist der interessierten
Betrachtung wert. Unsere besondere Anteilnahme
findet der eingewanderte Friedrich, Noch nicht
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Am Dorfbrunnen in Deutsch-Golkowitz
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28 Jahre alt, folgt er dem Ruf des Kaisers und verläßt
im März 1784 sein Pfälzer Heimatdorf, wo übrigens
heute keine Träger des Namens Ladenberger mehr
leben. Ihn erfüllt die schon in dem alten Ostfahrer-
lied besungene Sehnsucht nach einer "besseren
StaU", die ihm die dichtbesiedelte, von vielen Krie-
gen heimgesuchte und von schwerer Steuerlast be-
drückte Heimat nicht geben kann. Aus der P f a 1 z ,
einem der klassischen deutschen Auswanderungs-
gebiete, fließt seit Beginn des 18. Jahrhunderts der
Strom der Auswanderer nach Amerika, wo insbeson-
dere in Pennsylvanien eine große Anzahl Siedlungen
entsteht. 1747/1748 ziehen Pfälzer, unter ihnen die
Duchrother Familien Beyer und Hargesheimer, auf
den Ruf Friedrichs des Großen nach Pommern. Auch
das Gebiet des damaligen Ungarn, wo Prinz Eugen,
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Aufnahme: Brandrr
Graf Mercy und Maria Theresia ein großes Sied-
lungswerk verwirklichen, nimmt zahlreiche Pfälzer
auf. So fällt das Ansiedlungspatent Josephs 11. hier
auf einen fruchtbaren Boden. Hören wir, wie der
selbst in die Batschka ausgewanderte Duchrother
Johann Ei man n in seiner Schrift "Der deutsche
Kolonist", Pest 1822, die Aufnahme des kaiserlichen
Ediktes schildert:
"Dieses herrliche Patent kam zu Anfang des Jahres
1783 in der Rheingegend an. Keine Stadt, Markfleck
oder Dorf war, wo nicht gedruckte Exemplare zirku-
lirten. Die Gnade Josephs ward so hoch aufgenommen,
daß die ganze Gegend in Bewegung zu kommen
schien, auswandern zu wollen. Sogar warfen sich
Werber auf, die eine Menge Familien zusammen
kuppelten, wovon sie die Listen nach Wien über-
23
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brachten, und zur Ansiedlung dem Monarchen über-
reichten. Dergleichen waren ein gewißer Schul-
meister Peter D eck e rund Konrad Bau er, aus
der Churpfälzischen Ortschaft Duc h rot h bei
Kreuznach. Diese haben über hundert Familien zwi-
schen der Mosel und dem Rhein zusammen geworben,
wovon eine jede 1 fl. 30 kr. als Reise-Unkösten er-
legte; reiseten sodann mit der Liste dieser Familien
nach \Vien und übergaben sie dem Monarchen.
Joseph empfing diese zweien Deputirte, wie sie sich
nannten, sehr erfreut, beschenkte sie reichlich mit
dem Versprechen. auf diese ihm überreichten Fa-
milien bei ihrer Ankunft vorzüglich Bedacht nehmen
zu wollen. Wie nun diese Deputirten im April 1783
von Wien zurück kamen, und alles, was sie haupt-
sächlich und noch sogar aus dem Munde des Mon-
archen selbsten, Gutes von der Ansiedlung gehöret
hatten, ihren Angeworbenen hinterbrachten, so
brachen so viele, mitunter auch recht wohlhabende
Familien zur Auswanderung auf, daß die Straßen
völlig bedeckt wurden und es das Ansehen bekam,
als wollten alle Menschen die Gegend verlassen.
Vveil Decker nun daran Schuld war, den Lärm auch
zu groß gemacht hatte und deswegen von der Chur-
pfälzischen Landesregierung zur Verantwortung ge-
zogen werden sollte, so nahm er auch Ausreiß, kam
mit den Meisten seiner Angeworbenen glücklich in
\Vien an; wurden darauf sämmtlich in Pohlen,
vorzüglich Decker aber sehr ausnehmend gut an-
gesiedelt, Dem Deputirten Bauer, der alles auf den
entflohenen Kameraden schob, geschahe nichts:.
Aus Duchroth allein sollen in jener Zeit 41 Fami-
lien mit 143 Seelen nach Galizien und dem damaligen
Ungarn ausgewandert sein. Nach Ga I i z i e n zogen
aus Duchroth Angehörige der Sippen Ladenberger,
Frick - auch die Vorfahren des Reichsprotektors
Frick stammen aus Duchroth -, Decker, Bollenbach,
Daum, Kerth, Bischof, Albrecht, Wolf, Bayer, May,
Schmid, Bauer, Pfeilstücker, Leibrock, Nessel und
Stern. Ein Bruder unseres Friedrich, Phi 1 i P P La-
denberger, wandert. 1785 zusammen mit seinem
Landsmann Jakob Fr i c k nach der Batschka aus,
er meldet sich am 27. Oktober 1785 in der ungarischen
Hofkanzlei zu Wien und wird im nächsten Jahr mit
Frick als Nachbar in Neu - S i v atz angesiedelt.
In der Geschichte dieser Siedlung (Ph. Eng: No v i -
Si v a c, eine pfälzisch-deutsche Siedlung 1786 bis
1936, Novi-Vrbas 1936) schildert Friedrich Lotz den
Aufbruch der Duchrother aus ihrer Heimat:
..Der Abschied war schwer. Den Kolonisten, wie den
zurückgebliebenen Verwandten, Freunden und Be-
kannten traten Tränen in die Augen. Herzliche Glück-
wünsche sagend, tauschte man die letzten Blicke,
umarmte sich, drückte einander die Hände. Die
alten Leute erteilten noch wohlmeinende Ratschläge
und M
hnworte. Dann zogen die Auswanderer, von
24
Eltern und Geschwistern begleitet, mit bangen
Schritten durchs Dorf. Uberall standen oder saßen
die Duchrother vor den Giebeln und riefen den Fort-
ziehenden ein Lebewohl zu, Draußen auf der Ge-
markung blieb man eine Weile am lieben Heimat-
acker stehen und als der Weg in den Wald einbog,
schaute man tiefbetrübt auf das teure Heimatdorf
zurück, bis auch der höchste Baumwipfel ent-
schwand:'
Genaues über den Reiseweg unseres Friedrich Laden-
berger wissen wir nicht. Sicher aber führt er ihn
auf dem Landweg bis U 1 moder Regensburg, von
da zu Schiff auf der Donau bis Wien. Dort erhält er
von der Hofansiedlungskommission Hofpaß und
Reisegeld und geht über Mährisch-Neustadt nach
Bi e 1 i t z. Dann überschreitet er die damalige Grenze
von Galizien, erhält auf dem Mautamt in B i a 1 a
nochmals ein Reisegeld und zieht weiter nach Alt-
San dez, wo er sich auf der kk. Kameralherrschaft
zur Ansiedlung meldet. Da der Bau der Kolonisten-
häuser und die Vermessung der Gründe in Deutsch-
Golkowitz noch nicht abgf'schlossen sind, wird er
für einige Zeit in der Stadt einquartiert. Am 29. Juni
1784 traut ihn der polnische Pfarrer in der katho-
lischen Kirche zu AIt-Sandez - die evangelische
Pfarrei Stadlo wurde erst zwei Jahre später er-
richtet - mit Elisabeth Gei b, ebenfalls einer
Pfälzerin, sie wurde 1759 in Staudernheim a. d. Nahe
(heute Krs. Kreuznach/Rhld.) geboren. Endlich er-
reicht er dann das ersehnte Ziel seiner langen Wan-
derung und erhält in Deutsch-Golkowitz den Hof
Nr. 39 mit 20 Korez 17 Garnez Land.
Nun beginnen Jahre harter, unermüdlicher Arbeit.
Nur selten hat er einmal Muße, dann ergreift ihn
das Heimweh, wandern seine Gedanken zurück in
die alte Pfälzer Heimat, die er verließ, um sich im
Osten als Kulturträger am Wiederaufbau des Landes
einzusetzen. Von der langen Reihe der mit ihm be-
ginnenden Besitzer des Hofes Nr. 39 hatte Friedrich
am schwersten zu kämpfen. Als ihm am 21. Novem-
ber 1825 der Tod den Pflug aus der Hand nimmt,
endet ein Leben, das nur Arbeit und Sorgen kannte.
Seit sich die Golkowitzer erinnern können, hatten
Angehörige der Sippe Ladenberger immer wieder
das Amt des Schulzen inne oder Ortrichters, wie
die Kolonisten sagen; der Volksmund nennt sie
daher ..Altrichters." Besonders auffallend an der
Stammlinie Ladenberger ist auch das hohe Alter der
Männer. Johal1n erreichte das achtzigste Lebensjahr,
Jacob sogar das achtundachtzigste."Auch der heutige
Schulze von Deutsch-Golkowitz, Jakob Ladenberger,
hat schon seinen 71. Geburtstag gefeiert in er-
staunlicher Rüstigkeit. Von der Geburt seines ersten
Sohnes Leopold 1903 an bis zum Tode seines Groß-
vaters Jacob 1909, also sechs Jahre lang, leben
v i e r Generationen Ladenberger auf dem Hof Nr. 39,
gewiß ein seltenes Zusammentreffen!
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"Schloß der Kaiserin Katharina'
RAST VOR lENINGRAD
Im Fluge sind wir durch Litauen, Lettland und
Estland gefahren. Pleskau liegt hinter uns, und ich
bin bei G. mitten im Operationsgebiet. Das Jahr
steht auf seiner Höhe, und die Natur wogt und
rauscht in der Fülle ihrer Kraft und läßt das uralte,
gewaltige Lied vom wachsenden Leben erklingen.
Von allen Seiten dringt aus der russischen Weite
dieses Lied auf mich ein, und das Auge läuft ihm ent-
gegen, ohne seinen Anfang zu finden. Millionen-
faches Leben ist es, das aus Sumpf und Steppe
diesen grünen Flor bis zum fernsten Saume webt.
Aber in dieses Lied, das die Höhe des Jahres ein-
läutet, fallen die gleichförmigen Melodien sowje-
tischer Fernkampfgeschütze, und zwischen mich
und die reifende, samende Natur schiebt sich der
Mensch, von Sonne, Eifer und Forderung des Krie-
ges ganz durchglüht.
Auf den Gleisen des Bahnhofs laufen Transporte ein
und aus, Mannschaften, Pferde, Fuhrwerke, Kraftwa-
gen, Geschütze, Material jeglicher Art. Erinnerungen
aus den ersten Kriegstagen steigen in mir auf. Ge-
danken und Gefühle kommen mit, und ich merke,
daß wir von der einstigen Situation weit abgerückt
sind. Damals stand der Polenfeldzug und der Kampf
im Westen bevor. Beides war mit unseren Ge-
schichtskenntnissen und unseren Raumvorstellun-
gen zu begreifen. Jetzt muß ich mir eingestehen,
daß die heutige Situation mit den damaligen Ge-
danken und Gefühlen nicht zu fassen ist.
Wir stehen vor mehr als vor Feldzügen, wir stehen
mitten in kontinentalen Veränderungen, für die der
26
Tuschzeichnung von OUo Engelhardt-Kyffhäuser, Görlitz
VON ADOLF PAUL GROSSMANN
Krieg nur ein Auftakt ist. Von den Pyrenäen bis
zum Dnjepr, von Italien bis zum Nordkap sehe
ich die Menschen in ein gewaltiges Arbeitsjoch
gespannt, in dem höchste Geisteskraft und einfach-
ster Handgriff ihr Bestes geben. Denn es geht
darum, die Lebensart des europäischen Menschen
zu verteidigen gegen bolschewistische und anglo-
amerikanische Einmischung, die sich in einem
Raume geltend machen möchten, in dem sie nichts
geleistet haben, aber alle heißen Herzens erarbei-
teten Kulturwerte zerstören oder ausbeuten wol-
len. Unsere Lebensart hat mit beiden nichts gemein,
Wir wollen der Erde, der wir angehören, dienen.
Auf unserem Boden und unter unserem Himmel
wollen wir die besten Gedanken entwickeln, und
unsere besten Gedanken wollen wir wieder dem
Boden zugute kommen lassen, der uns trägt. Das
bedeutet für uns Europäer Kultur. Dafür haben alle
Jahrhunderte höchste Geisteskraft und äußersten
Fleiß aufgewendet. Es ist die einzige Lebensart, die
unser Dasein ausfüllt und rechtfertigt, die uns
atmen und schaffen läßt. Jede andere Lebensart
würde unsere Kraft lähmen und auslöschen, würde
aus dem ältesten Kulturboden der Erde einen Tum-
melplatz europafeindlicher Interessen machen, die
Blüte und Schönheit in Verstümmelung und Ver-
ödung wandeln würden.
Von Eindrücken und Gedanken ergriffen gehe ich
zur Stadt. Ich sehe mir das Schloß der Kaiserin
Katharina an. Die Gebäude haben stark gelitten,
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Park und Teich sind romantisch verwildert. Aber
im Schloßhof steht ein Standbild Pauls 1., das von
den wilden Zeitläuften völlig unberührt geblieben
ist. Uber der jugendlichen Stirn sitzt der Dreispitz.
Die Uniform ist friderizianisch. Die rechte Hand
greift mit dem Gehstock kräftig nach vorn, so daß
die ganze Gestalt in ihrer Haltung der Friedrichs
des Großen ähnelt. Westliche Schöpferkraft spricht
mich so sehr an, daß ich für einige Augenblicke zum
\Vilhelmplatz mit seinen historischen Gestalten
schweife.
Dieser Entwicklung zum Anfang zu verhelfen und
ihren ungestörten Fortgang zu sichern, hat der
Krieg so gewaltige Ausmaße angenommen. Damit
habe ich die Brücke gefunden von dem in kühle
Klarheit entrückten Kriegsbeginn zum gegenwär-
tigen Augenblick, in dem Millionen Herzen heiß
und inbrünstig bis zur Preisgabe ihres Blutes um
Klarheit ringen.
Die Eindrücke und die Glut der Ereignisse halten
mich wach. Ich trete ins Freie. Es ist die
erste Petersburger Nacht, deren Schatten ich er-
warte. Aber sie kommt ohne Finsternis. Groß und
licht steigt sie empor und bedarf der Sterne kaum,
da die Sonne, in flachem Schwung unter den Hori-
zont geglitten, den Saum ihres Kleides mit zarter
Röte schmückt. Dicht beieinander lugen Abend und
Morgen unter ihren Füßen hervor. Staunend sehe
ich dem Schauspiel zu. Als die Nacht in vollem
Ebenmaß über Abend und Morgen schwebt, ver-
meine ich in der Stille den Atemzug dieses köst-
lichen und kostbaren Landes zu vernehmen, und
in meinen Sinnen rauscht das elementare Lied der
Natur vom wachsenden und unzerstörbaren Leben.
Ich muß etwas tun, um mein Einssein mit der Natur
in dieser seltenen Stünde mir selbst sinnfällig zu
machen, und weiß nichts Besseres, als einen Halm
vom Wollgras zu pflücken, das jetzt in allen
Sümpfen Rußlands Schopf an Schopf seine Samen-
wolle in silberweißem Glanz aufleuchten läßt, und
stecke mir die wundersame Blüte an die Feldbluse.
M ein Sohn.
enn
u nicht für die Freiheit wirs
ster
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nnen,
o
annst
du auch mcht fur das Vaterland sterben. Wisse fur eWig: FreiheIt und
Vaterland sind eines. Gehe Deutschland dahin, wenn es nicht so ist. Daß
du dein Leben wagst, das gilt nicht viel - denn vielen gilt das Leben wenig und
manch einer weiß so wenig Gültiges und Schönes daraus zu machen, daß er es
leicht wegwirft. Erst wenn du dein Leben für eine Herrlichkeit des Vaterlandes
und der Freiheit wagst, wie sie herrlicher nicht vorstellbar ist - wenn du es an
diese Freiheit und dieses Vaterland jauchzend wagst - wagst du es recht.
An dieser Herrlichkeit also schaffe.
Dein Vaterland ist ein Staat, in welchem ein Volk mit dem Bewußtsein einer
Nation lebt. . .
l':ation ist die lebendige Substanz eines Volkes in ihren Äußerungen und Wir-
kungen . . .
Der Staat aber, in dem du lebst, ist ein geeintes Reich - ein einziger Staat, der
seine Ordnung in einer autoritativen, alle bindenden Führung höchster Art sieht...
Freiheit aber, deutscher Jüngling, wie du sie verstehen sollst, ist die freiwillige
Einfügung oder Einordnung in eine höchste unter Menschen geltende Ordnung.
Anders wäre Freiheit Unordnung und Anarchie. Fühle, daß sie das nicht sein kann.
Wir leben unter dem Gewölbe der Freiheit wie unter einem weitgespannten
Himmel, der über uns steht; aber wir stünden im Leeren und entfielen allen
menschlichen hohen Gesetzen und Rechten, wenn wir den Himmel durchstießen.
Die Freiheit, die dir in deinem Vaterlande gehört und die du zu wahren hast, ist
kein von anderen Völkern übernommener Begriff oder eine Anschauung oder eine
Forderung - etwa der Französischen Revolution - noch eine liberale Erfindung
oder eine Utopie, sondern nichts Geringeres als deutsche Manneseigenschaft von
alters her. . .
Ich aber sage dir als einem Sohne Deutschlands - und sage es in dir allen deut-
schen JÜnglingen: Freiheit und Vaterland - wer diese Worte im Munde führen
darf, muß für sie sterben können. Anderen verbietet, davon zu reden!
Rudolf G. ßinding
27
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MIT MALPALETTE BEI PF
LZER OSTKOLONISTEN
lJlJr ,11ii'zar MiI'ar hnr' Phili/llJ S,lilull'. SIJI/
ar lJIJJ fihain. schi!darl
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ilu'"nlhlJllas illJ f;lIJlllrldUllln-IIrnllllJllnl in dlln daulsl;han hU'IJIIISIIIIII'ur'"rn ""'Iua saJlJllr f.JlJdrlll;kll.
Ährenfelder und wieder Ährenfelder, soweit das
Auge reicht, als ob König Mithras mit seiner Hand
die Erde berührt hätte: ein goldener Uberfluß bis
an den Rand der Welt. Die Halme schwanken im
Gluthauch sommerlicher Sonne und die Augenlider
werden schwer, Körner, goldene Körner, sie scheinen
zu rieseln, zu wandern wie Dünen am Meer nach
Westen der alten deutschen Heimat zu.
Unser Fuhrmann flucht und haut auf den alten ab-
getriebenen Gaul. Mit einem Ruck hebt sich unser
weidengellochtenes Panjewägelchen aus dem Schlag-
loch. Schnatternd flüchten Enten in eine Wasser-
lache neben der windschiefen Polenhütte. Der Rabe
auf dem langen Hebearm des Ziehbrunnens fliegt
krächzend über die ferner und ferner liegenden
Baumgruppen, bis er sich als winziger Punkt im Raum
verliert. Ein Kirchturm taucht auf, breite Dachrücken
hingelagerter Scheunen, schiefgedeckte Häuser
in der Dorfmitte, eine breite Dorfstraße mit hell-
gestrichenen Hauswänden. Inmitten der weiten pol-
nischen Ebene ein heimatlich sauberes Dorf mit dem
deutschen Namen H 0 h e n b ach. Der Ortsvor-
steher schüttelt uns die Hand. Die freundlichen
Bauersleute, bei denen wir Pfälzer Maler einquartiert
werden. haben schon die Bratpfanne auf den m3ch-
ti
en Herd gerückt.
Im Jahre 1783 haben die Gründer dieses Dorfes im
K re isO e b i ca, Distrikt Krakau, dem Rufe Kaiser
Josephs 11. folgend, hier sich niedergelassen. Ein Haus
im Nachbarsdorf S c h ö n a n ger stammt noch aus
damaliger Zeit. Gegen Gorky zu steht noch eine
uralte, gewaltige Eiche, die trotz verschiedener Blitz-
schläge dicht belaubt und strotzend von kerniger
Gesundheit ist. Unter dieser sei ben Eiche, kurz vor
dem monatelang erwarteten Ziel, hielt einst vor rund
160 Jahren der lange Zug der Wagen, vollgepackt
mit Hausrat aller Art, Mensch und Vieh, verstaubt
und ausgemergelt von der langen, langen Fahrt,
Da ging ein tiefes Aufatmen durch die langen Reihen
der Pfälzer Kolonisten, Die Alten beschatteten mit
zitternden Händen die Augen in der grellen Sonne.
Ihr Blick flog witternd und tastend über das weite
Land, das ihncn nunmehr als neue Bauernheimat
zu eigen war. Ihr Land, mit dem sie nun schalten
und walten konnten nach eigenem Ermessen.
Da ist manche Träne verstohlen mit dem Schürzen-
zipfel abgewischt worden in der Entspannung der
überstandenen Qualen und in der Freude über das
wie vom Himmel gefallene neue Besitztum. Die
Männer sprangen vom Wagen und schöpften die
von Morgentau noch feuchte Erde, ließen sie prü-
fend durch die Hände gleiten.
,,00 Mutter, do guck emol, guter Bodde! Respekt
devor, mit dem kann mer noch ebbes anfange!!"
28
,,00 driwe scheint er awer e bissei magerer zu sei',
wo die Föhrebämcher wachse,"
"Halt die Gosch (den Mund), Krischan, du hoscht
halt immer ebbes zu meckere, do pflanze mer Grum-
beere (Kartoffeln) ein. mir wolle des Bissei schun
schaffe'"
Was damals der Mund der Ahnen unter der mächti-
gen Eiche versprochen hat, das haben die Bauern-
fäuste im Laufe der 160 Jahre gehalten. Trotz Polen-
drangsal und Krieg liegt das Land sauber und ge-
pflegt da. Wenn die Bauern auch keine Millionäre
geworden sind, so haben sie doch ihr sauberes Wohn-
haus, mit bunten Blumenbeeten im Vorgarten, mit
Gemüserabatten neben der Küche, mit Stallungen
voll mit fetten Kühen, mit Scheunen voll mit Frucht.
Was will ein Bauer mehr? Von Zeit zu Zeit wird
dann noch etwas auf die hohe Kante gelegt.
"Wann die Lisbethel emol heirate tut, daß se nit nur
mit em kurze Hemd vor ihrem Bräutigam steht, son-
dern, daß se ihren Mann noch ebbes uff de Tisch
lege kann. Mir wolle jo nit schtrunze (großtun),
awer zum Bettelvolk wolle mer au nit gehöre, Ge-
witter noch emol'"
So wie die Kolonisten damals ihr "Pfälzisch" ge-
sprochen haben, so sprechen sie jetzt noch, mitten
in einem weiten polnischen Sprachrneer. Mitten in
diesem fremden Raum eine Pfälzer Insel, auf der
der Ludwig Senf und der Emil Schön grad noch so
gemütlich "babbeln" (sprechen) wie die biederen
Vorfahren vor 160 Jahren.
Nun mit der Malpalette im 0 ist r i k t L u b I i n.
. Weit über Zamosc hinaus liegt ebenfalls eine deut-
sche Siedlung: H u s z c k a (sprich Huschka). Auch
diese Siedler haben vor weit über 100 Jahren als
fleißige Bauern ihren Pflug in fremdes Land gesenkt.
doch haben sie sich als Katholiken unter Katholiken
mit der polnischen Bevölkerung stark vermischt.
Trotz dieser Vermischung ist das deutsche Blut noch
sehr aktiv. Die meisten stammen aus lothringischem
Grenzland und sprechen kein Wort Deutsch mehr.
Auch die Bauweise ihrer Häuser neigt sich dem pol-
nischen Typus zu, Sie sind aber überaus sauber und
wohlgepflegt.
Großzügig in ihrer Gastfreundschaft, haben sich
unsere Wirtsleute bei uns Malern ein ausgezeichnetes
Gedenken geschaffen. Das ganze Dorf ist zirkusartig
angelegt. Inmitten ei.nes langgestreckten Häuser-
ovals liegt die mächtige Dorfweide mit dem Quellen-
brunnen, Mittags und abends werden die Pferde in
ihren Ställen frei gemacht und jagen dann ohne
Begleitung wie ein Rudel Wildpferde zur Quelle hin,
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"Blick auf Hohenbach"
saufen nach Herzenslust und fressen nach Belieben
von dem saftigen Gras, um dann wieder mit lustigen
Sprüngen und Kapriolen dem heimatlichen Stall zu-
zueilen. Ein herrlichE's Bild!
Daß das deutsche Wesen der Dorfbewohner trotz
der polnischen Uberfremdung noch stark vorhanden
ist, geht daraus hervor, daß der deutsche Sprach-
unterricht bei der Huschkajugend überraschend
schnelle Fortschritte macht. Aber nun, meine lieben
leser, lehnen Sie sich fest auf den geflochtenen
Weidenzaun und schauen Sie in den lustigbunten
Kindergarten: dort das kleine Rotznäschen mit den
großen Blauaugen und den blonden Ringellöckchen,
dort der kleine nachdenkliche Knabe, der an dem
Spielzeug herumbosselt. Fast die ganze niedliche
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Kohleskizze von Karl Philipp Spitzer, Speyer am Rhein
Gesellschaft, die hier jubelnd versammelt ist, besteht
aus deutschen Bauernkindern, denen ihre Herkunft
scharf im Gesicht geschrieben steht. Vorsicht, jetzt
hebt die junge reizende Kindergärtnerin die rechte
Hand in die Höhe, und alle, alle fallen wir mit ein:
"Fuchs, du hast die Gans gestohlen,
gib siE' wieder her! . . ."
Jawohl, Deutschland marschierte gen Osten mit
Waffen, mit deutschem Herzen und schaffe
der Hand.
Allen voran begeisterungsfähige Jugend und jene
vielen, die bei Arbeit, Kampf und Not ihr Herz jung
erhalten haben. So wird aus diesem land wieder das,
was es teilweise schon einmal früher war, "leben-
diges deutsches Heimatland".
29
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S[JDDEUTSCHE IN GALIZIEN
In keinem Teil dps europdischen Raumes dürfte das
stete Wandern durch mehrere Zeitspannen hindurch
so lange zu Gast gewesen sein wie im Osten Mittel-
europas. Von der EIbe bis zur Grenze Westrußlands
und von der Ostsee bis zu den Karpaten war seit
den ältesten Zeiten ein immerwährendes An- und
Abwandern.
Hier begegnen wir den Wanderungszügen der Goten,
Burgunder, Wandalen, den ostgermanischen Stäm-
men, die sich in vormittelalterlicher Zeit teilweise
erneut auf die Wanderschaft begaben und deren
Wohnsitze im 6. Jahrhundert von den aus dem Osten
langsam vorrückenden Slawen und baltischen
Völkerschaften besetzt wurden. Schon im frühen
Mittelalter gewannen deutsche Kolonisten den einst
verlorenen germanischen Boden östlich von EIbe
und San zum Großteil wieder zurück und wurden
in der zweiten Hälfte des Mittelalters von slawischen
Fürsten in den Weichsel- und Karpatenraum zur
Kolonisationsarbeit weiter östlich gerufen. Tausende
von Deutschen fanden selbst noch im 18. und 19.
Jahrhundert in diesem Ostgebiet Raum, wenn auch
zu schwerer, so doch erfolgreicher Kolonisations-
arbeit.
Durch den Versailler Vertrag gab man dann den
Polen die Möglichkeit, aus den bis dahin auch staat-
lich deutschen Ostgebieten 1-2 Millionen Volks-
genossen zu verjagen. Aus ihren blühenden Gehöften
wurden armselige polnische Nester und aus den
sauberen deutschen Stadtvierteln polnische Elends-
quartiere.
Betrachten wir nun einen geographischen Teil Po-
lens, Galizien, und die chronologische deutsche Be-
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Galizische Bäuerin
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30
VON CLAUDINE TAKATS
siedlung seines Bodens. Dazu kann festgestellt wer-
den, daß die überwiegende Anzahl der Ansiedler
aus Süddeutsch land stammte.
Dieses Land hat eine bewegte Geschichte hinter
sich. Dauernde Stürme brausten darüber hinweg;
so wurde es zu wiederholten Malen von Tataren,
Türken, \Nallachen, Moskowitern, Kosaken und
Schweden überfallen. Da es von jeher Grenzland
war, hat es im Laufe der Geschichte seinen Besitzer
oft genug gewechselt. Sein geschichtlicher Name ist
Rotreußen (Rus Czerwona) oder Rotburgenland
(Grody Czerwienskie) und gehörte ursprünglich zu
Reußen-Kiew. Der östliche Teil des Landes wurde
von reußischen Fürsten in ein selbständiges Groß-
fürstentum verwandelt und hieß Halicz-Wolodymir.
Großfürst Lew gründete dann die nach ihm benannte
Löwenburg, zu deren Füßen die Stadt Lemberg ent-
stand, die bis ins 17. Jahrhundert hinein den amt-
lichen Namen Lemburg trug, Im 12. und 13. Jahrhun-
dert ist dieses Land ein steter Zankapfel zwischen
Polen und Ungarn, bis dann endlich 1240 der polni-
sche König Kasimir der Große es an sich reißt. So
bleibt Rotreußen bis zum Zerfall des polnischen
Reiches ein Bestandteil der Republik Polen, bis es
dann 1772 unter dem Namen ..Galizien'. Osterreich
eingegliedert wird. Nach dem Weltkrieg, am 11. No-
vember 1918, wurde es neuerlich dem damals neu-
geschaffenen Staatsgebilde Polen angegliedert. Sein
amtlicher Name lautete nun Kleinpolen, in dem
dieser - in geschichtlicher Zeit lediglich auf West-
galizien bezügliche-Name nunmehr auch auf Ost-
galizien ausgedehnt wurde. Die völkische Besied-
lung des Landes ergab ein Mosaik. Im Westen Polen,
im Osten zwischen San, den Karpaten und dem Pruth
Ukrainer (Ruthenen), dazwischen Juden und Nach-
kommen von Armeniern. Mitten in diesem bunten
Völkergewirr lebte eine erhebliche Anzahl von
Volksdeutschen, die trotz der verschiedenen fremd-
sprachigen Umgebung größtenteils ihren Ahnen,
Ihren Sitten und ihrem Blute treu blieben, bis sie
endlich durch den Ruf des Führers im Jahre 1940
von ihrem schweren Schicksal erlöst wurden.
Schon im 13. Jahrhundert erlebte dieses Land eine
erste deutsche Einwanderung, als im Jahre 1241 der
Polenkönig Kasimir der Große deutsche Kolonisten
ins Land rief, um das durch den Uberfall der Tataren
stark verwüstete und entvölkerte Gebiet wieder
aufzubauen. Mit deutscher Kraft und Hilfe gründete
er dann nach deutschem Muster Städte und feste
Plätze, verlieh ihnen das deutsche Recht, förderte
Handel und Gewerbe. In die Verwaltung seines
Reiches führte er Ordnung und eine geregelte Recht-
sprechung ein und legte so den Grundstein zum
wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung, den
Polen im 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts unter den JagielIonischen Königen nahm.
Nach dem Tode dieses königlichen Geschlechts be-
gann der Niedergang Polens. Der Grund hierfür ist in
den inneren sozialen und politischen Verhältnissen,
die zum inneren Zerfall führten, zu suchen. Das Wohl
der Deutschen sollte aber bald vom polnischen Adel
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Silddeut!'cher Kolonist (GeneralgouvernemenI)
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gefährdet werden. Derselbe wurde immer allgewal-
tiger und betrachtete mit Neid das aufstrebende
deutsche Bürgertum, das zu Macht und Ansehen
gelang, und ruhte nicht, bis jenem die von den Kö-
nigen verliehenen Privilegien entzogen wurden. So
begann langsam der Untergang des Städtewesens.
Unter diesem wirtschaftlichen Drucke sah sich das
deutsche gewerbliche Element des Mittelalters ge-
zwungen, zur Rettung seiner Lebensmöglichkeit,
sich um Geld adeln zu lassen (was durchaus möglich
war), Natürlich mußten sie damit auch die polnische
l.ebensführung, Sitten und Gebräuche annehmen
und so im Polen turn untergehen. Deutsches Blut
läßt sich aber nicht verleugnen, und heute, b
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friedrich dem Großen ins Leben gerufenen in
Preußisch-Polen. Dies ist verständlich, da die
preußische Regierung die Ansiedlung verwaltungs-
mäßig besser als die österreichische die ihrige
durchführte. Es begann ein wahrer Wettbewerb
um die Ansiedler zwischen Preußen und Osterreich.
Es wurden Flugblätter verteilt, die Aufschluß über
die Privilegien des Ansiedlungspatents für Galizien
brachten. Die Ansiedler erhielten zehnjährige Ab-
gabe- und Militärfreiheit für sich und den ältesten
Sohn bzw. einen Gesellen zugesichert. Bauern wurde
ein Haus und Hof mit 40 Morgen und dem nötigen
lebenden und toten Inventar, Handwerkern ein Haus
und 15 Morgen Feld ..erbeigentümlich" in Aussicht
gestellt. Besonders begehrt waren Schmiede, Zim-
merleute und Ziegelbrenner.
Die süddeutschen Auswanderer nahmen den Weg
über Ulm die Donau abwärts nach Wien, wo sie
dann, mit einem Hofpaß und Reisegeld ausgestattet,
weiter den Landweg nach Galizien einschlugen. Nur
in Ausnahmefällen nahmen sie den Landweg über
Prag in Anspruch und mußten sich in diesem Falle
in der Stadt Zamosc melden, die im Norden Galiziens
das Eingangstor ins neu erschlossene Siedlungsland
bildete. Die ersten Württemberger, die im Jahre 1782
ihre Wanderschaft antraten, finden wir im Jahre
1784 in den Dörfern R ein i s c hau und R e ich s -
he im der Kameralherrschaft Sandomir angesiedelt.
Im Laufe des Jahres 1783 wanderte eine zweite
Gruppe in die Kameralherrschaft Tuszow ein. Die
größte Anzahl dieser Einwanderer war aus Baden,
Hessen und der Rheinpfalz, die Württemberger
waren nur vereinzelt vertreten, Ihre neue Heimat
fanden sie in Ho h e nb ach und Pa d e w.
Die kräftigsten Siedlungen der josephinischen Zeit
aber sind ohne Zweifel in Ostgalizien entstanden,
an der Spitze mit der Brigidauer Gruppe im Umkreis
von S t r y j , J 0 s e f s b erg und K ö n i g sau.
In B r i g i d a u selbst, der größten deutschen Land-
gemeinde Galiziens, die 1783 ihren Namen vom Statt-
halter Graf Brigido bekam, begegnet uns als erster
deutscher Pfarrer im Jahre 1786 der Württemberger
Friedrich Kurz aus Giengen a. d. Fils. Unter den
sich hier befindlichen 125 Familien sind 14 als Würt-
temberger nachgewiesen. Im Jahre 1812 findet man
die Württemberger Georg Bäurer aus Willmandin-
gen, dann die Familie Lorch, Ulmer und Wick sowie
Hatfelder und Lutz. So hielt also die Zuwanderung
nach galizischen Gemeinden, wohin sie sich von
Anfang an immer stark wandte, dauernd an, ein
gutes Zeichen dafür, wie sich die Lage der Württem-
berger in Galizien gestaltet hatte. Im übrigen über-
wiegen in Brigidau die Hessen-Nassauer. J 0 s e f s -
b erg ist von Nordwest-Pfälzern besiedelt worden,
wie dies durch Walter Kuhn nachgewiesen wurde.
Neben Brigidau entwickelte sich das lutherische
Pastorat D 0 r n f eid (1784) zu einer der bedeu-
tendsten Bauernkolonien. Obwohl laut Uberlieferung
Dornfeld ..von Bauern aus Württemberg, Baden und
der Rheinpfalz" gegründet ist, scheint sich diese
Behauptung ursprünglich auf seine Filialorte zu be-
ziehen, wo sich im Jahre 1784 angeblich 28 ..aus
dem württembergischen Schwarzwaldkreis" stam-
mende mennonitische Familien niedergelassen haben
32
sollen. Dieselben erhielten im Jahre 1786 von der
Regierung ein Schutzprivilegium, das sie von der
Militärpflicht, der Eidesleistung und den Frondiensten
befreite, und 10 Jahre später erfreuten sie sich auch
der kirchlichen Unabhängigkeit. Die Herkunft dieser
Mennoniten aus Württemberg ist jedoch unwahr-
scheinlich, und es ist eher anzunehmen, daß sie auch
aus der Pfalz kamen'. In der Filialgemeinde Re i-
c h e n b ach (dieser Gemeindename kommt eben-
falls im Filstal vor) jedoch ließen sich einige würt-
tembergische Erstsiedler feststellen.
Vereinzelte Württemberger sind auch in der Umge-
bung von Lemberg in D 0 b r z a n i c a, W ein -
b erg e n und Kai t was s e r zu finden. Ferner
in der Richtung auf Stanislau erwies die aufgeblühte
Kolonie Ugartstal, Landestreu und Engels-
be r g einige Württemberger, die Mehrzahl der
Gründer jedoch sind auch diesmal Pfälzer und Ba-
dener.
Im Norden Ostgaliziens liegen die alten Pastorate
R e ich a u und J 0 s e f 0 w mit ihren Filialgemein-
den. Da sie aber zu den wirtschaftlich schwächst
gestellten gehörten, löste sich die Mehrzahl der-
selben infolge der Rückwanderung nach Deutsch-
land und Weiterwanderung nach Amerika und Ruß-
land auf.
Im Westen Galiziens bedarf das Sandezer Gebiet
zwischen Biala und Przemysl, wo mittelalterliches
Deutschtum unterging, noch der Erwähnung. Das
Deutschtum am Dunajec zählte im Jahre 1842
2000 Seelen, obwohl die amtliche Zählung weit we-
niger angab, und entstammte den Zeiten Josephs 11,
Die Mehrzahl jedoch befand sich in den Filialge-
meindenderPfarrgemeinden S t a r dia u und Ne u-
San dez. Stardlau und seine Umgebung wurde im
Jahre 1784 mit seinen Familien aus Hessen und
Nassau gegrÜndet, deren Lehrer aber mehrfach
Württemberger waren.
In den galizischen Städten können wir feststellen,
daß in denselben, wie S 0 kai am Bug, Z ale -
s z c z y k i, N a d w 0 r n a, D 0 I i n a. S t r y j und
S t a n i s lau nur vereinzelte Württemberger an-
fangs verzeichnet sind. In Lemberg. der Hauptstadt
Galiziens, war vor 1850 eine ganz erhebliche Zahl
von 540 Deutschen vorhanden, unter welchen sich
auch Württemberger befanden. Viele wurden dort
1786 Privatgütern als Siedler zugewiesen.
Es gab vier Gemeinden, in denen das süddeutsche
Element überwiegend war, und zwar M a k 0 w a
im Bezirk Dobromil, Neu k u p n 0 w i t z im Bezirk
Rutki, Ein s i n gen im Bezirk Rawaruska und
Gas sen d 0 r f im Bezirk Drohobycz. Aus einem
natürlichen Zugehörigkeitsgefühl heraus hielten
gerade diese 4 Dörfer anfangs trotz der großen Ent-
fernung, die zwischen ihnen lag, einen regen Ver-
kehr aufrecht. Sie besuchten sich und heirateten
ineinander. Nach kurzer Zeit jedoch machte sich der
Einfluß der pfälzischen Umwelt vorwiegend bemerk-
bar, da diese Mundart die schwäbische immer mehr
verdrängte. Zur Zeit der Ansiedlung in Galizien gab
es kaum eine Siedlung, in der nicht verschiedene
. Siehe Beitrag "Pfälzische Galiziensiedler schreiben
Briefe um 1785:'
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Mundarten gesprochen wurden, Eine
behielt jedoch immer den Vorrang
und setzte sich den anderen gegen-
über durch. So kam es zu einem Aus-
gleich, der allerdings in fortlaufender
Entwicklung war, ist ja doch die
Sprache ein lebendes Gebilde und in
fortwährender Änderung begriffen.
Man konnle jedoch beobachten, wie
das Pfälzische allen anderen Mund-
arten gegenüber immer mehr die
Oberhand gewann. Trotzdem unter-
schieden sich die Württemberger von
den stammverwandten Pfälzern der
Nachbardörfer in ihrer Wesensart.
Sie wurden von den letzteren auch
halb geringschätzig, halb in Anerken-
nung ihrer besonderen Vitalitäl we-
gen als die ..Holzschwowe" bezeich-
net. Die erste Siedlung, die die Be-
ziehungen zu den anderen löste und
die Württemberger Mundart zuerst
verlor, war die südlichste dieser vier
Gemeinden, Gassendorf. Ihr folgte
dann die nördlichst gelegene, Einsin-
gen. Dem Pfälzischen aber, das in
Einsingen gesprochen wurde, hörte
man durch das offene aa noch stark
den württembergischen Einschlag an.
Viele Namen haben desgleichen die
charakteristische schwäbische En-
dung le, wie: Jakoble, Kathile, Bär-
bele. Auch sind Ausdrücke wie:
Beinske für Knöpfe oder Pemperle
für Quasten sowie Märzveigerle für
Veilchen u. a. m. aus dem Schwäbi-
schen erhalten geblieben. Die einzi-
gen Siedlungen, in welchen bis zur
Umsiedlung Württembergisch gespro- Deutscher Bauernhof in Neudorf am Bug
chen wurde, wenn auch mit stark
pfälzischem Einschlag, waren die nicht weit vonein-
ander liegenden Dörfer M a k 0 w a und Neu-
k u p n 0 w i t z.
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Jedoch ergab sich auch zwischen diesen bei den
Gemeinden ein Unterschied in der Sprache, der sich
an Hand von Beispielen eindeutig feststellen läßt.
Der Makowaer sagt: i heb g'het und der Neukupno-
witzer: i haun g'het, beides soll: ich habe gehabt,
bedeuten, Desgleichen sagt der erste in seinem Neu-
jahrswunsch:
Der Hauptteil der Siedler der vier angeführten Sied-
lungen stammt aus der Neckargegend südlich von
Stuttgart, die auf der damaligen Hauptwanderstraße
Pfalz-Ulm lag.
Vetter und Bäsle, gewet mer e Gläsle,
net vum Saure, net vum Sieße,
weil ich muß noch weider schieße.
Außer den ersten Einwanderern brachten alle übri-
gen ein ganz erhebliches bewegliches Vermögen
mit, dadurch wurde die Armut der ersten Ankömm-
linge ausgeglichen.
Der Bildungsdrang der Württemberger trat durch
die Gründung von Schulen zutage, und einige Fa-
milien, wie Schäfer, Flammer, Gönner und Wenzel,
stellten ganze Lehrergenerationen dar.
Diese ganze Ansiedlungsaktion stieß natürlicher-
weise auf Schwierigkeiten. Viele Ansiedler mußten
längere Zeit hindurch in Massenquartieren ihr Leben
fristen, bis sie endlich zu ihrem Haus und Hof ge-
langten. Daher verfügte Joseph 11. im Jahre 1786 die
Einstellung der Aufnahme von galizischen Patent-
kolonisten. Trotz der bedauerlichen Mißgriffe und
Rückschläge, die im Laufe der Ansiedlung zutage
traten, ist das gewaltige galizische Ansiedlungswerk
jener vier Jahre gelungen, da der Staat den ein-
und der zweite singt dagegen:
Jetzt haun i schain Haber im Gäu,
schon Zeit, daß ejen abmoje gei.
Hant Hase drint gsässe,
die hantn verfresse,
jetzt laß ejen liege for Heu.
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Deutsches Kolonistenhaus in Josefsberg (Kreis Stryjj
gegangenen Verpflichtungen gegen die Ansiedler
treu blieb. Der Zweck der gemeinsamen Hebung
des kameralistischen Niveaus unter Steuerleistun-
gen und der Wirtschaft des bis dahin zurückgeblie-
benen Landes wurde erreicht und die vom Staat aus-
gegebenen drei Millionen Gulden machten sich
rasch bezahlt. Da dieses Ansiedlungswerk so gute
Früchte trug, wurde es nach einem halben Men-
schenalter fortgesetzt. Die Ursache dazu gaben die
elenden Verhältnisse in Deutschland nach dem
Frieden von Luneville (1801), durch den das linke
Rheinufer in Verlust geriet. Ferner bewirkten die
unangenehmen Folgen der napoleonischen Kriege
eine neue Auswandererwelle. Zu Zeiten des Kaisers
Leopold veranlaßte dessen Bruder, Hofkriegsrats-
präsident Erzherzog Karl, eine Wiederaufnahme der
galizischen Kolonisation. Diese Ab- und Einwande-
rung fand zwischen den Jahren 1803 und 1805 statt.
Nähere Angaben und Zahlen fehlen für diese Nach-
wanderung. Wie stark sie jedoch war, konnte nach
Kallbrunners Quellenwerk und nach Akten des
Staatsarchivs Ludwigsburg (Regierung, Wegzug,
Generalia 1803-1805, Band 74) und einzelnen Kir-
chenbüchern festgestellt werden. Es beteiligten sich
daran 325 Personen. Zwischen den Jahren 1806 und
1815 war dann die Auswanderung aus Württemberg
verboten, und so kam es nur zu ganz vereinzelten
.
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DAJ-Bild Strwnrr
Ubersiedlungen, während die Nachwanderung aus
der Pfalz bis 1824 andauerte.
Der Verkehr zwischen den Ansiedlern und ihren
Angehörigen aus dem Mutterlande war in den ersten
Jahrzehnten recht rege. Württemberg selbst stand
sogar bis in die neueste Zeit hinein immer in Füh-
lung mit den Volksgenossen in Galizien. Auch haben
diese Bauernfamilien jahrhundertelang die Erinne-
rung an die alte schöne Heimat im Westen im Volks-
lied, Volkstanz und verschiedenen Gebräuchen und
Sitten lebendig erhalten.
Im Zuge der großen Umsiedlung wurden auch die
Volksdeutschen aus Galizien ihrem Mutterlande
zugeführt und fanden im Warthegau (auf der Linie
Hohensalza-Kutno) ihre neue Heimat. Die verschie-
denen Proben von Nachfahrenlisten, die sich aus den
Umsiedlungsarbeiten ergaben, verraten, daß die bio-
logische Abschließung der galizischen Deutschen
dem polnischen und ukrainischen Fremdvolke ge-
genüber nicht immer einwandfrei war. Daher eine
Reihe von Vermischungen, die langsam, aber sicher
den deutsch völkischen Untergang bewirkt hätten.
So erfolgte die Zurücknahme in den geschlossenen
deutschen Volkskörper zur rechten Stunde, und auch
die schon beinahe verlorengeglaubten Menschen
finden heute durch die Sprache ihres Blutes zu ihrem
Volk, Führer und Reich zurück.
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34
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Spezialflugzeuge streuen das Fraßgift aus
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Aufnahme: Scbmidt-Colinet
WI R Fll EGEN GEGEN DI E l YDA
..Der Forstmann erntet nicht, was er sät und pflanzt,
sondern das, was die Insekten ihm übriglassen."
Ungeheuer ist ihre Zahl. Vier Fünftel aller Tierarten
dieser Erde sind Insekten. Der allein im Altreich im
Pflanzenbau durch Insekten verursachte Schaden
ist jährlich auf 1-2 Milliarden Reichsmark geschätzt.
Das ist ein Viertel der gesamten möglichen Er-
zeugung. Die Macht der gleichgerichteten Masse
zahlloser Kleinlebewesen kann gewaltig in ihrer
Gesamtwirkung werden.
Gott sei Dank sorgt die ungestörte Natur aber im
allgemeinen für einen Ausgleich. Zwischen den
verschiedenen unendlich vielen Lebewesen besteht
normalerweise ein Gleichgewicht. Dadurch wird das
Uberhandnehmen einer einzelnen Art vermieden.
Der Wald bildet mit allen in ihm lebenden Tieren
und Pflanzen eine Leb e n s g e m ein s c h a f t, in
der die einzelnen Teile in vielfacher komplizierter
wechselseitiger Abhängigkeit leben. Je größer und
verschiedenartiger die Zahl der Tier- und Pflanzen-
arten ist. welche diese früher wohl auch als ..0 r -
g a n i sm u s" bezeichnete Lebensgemeinschaft des
Waldes bilden, um so stabiler und gefestigter ist das
Gleichgewicht.
So ist es zu erklären, daß die auf großen Flächen an-
gelegten künstlichen Kulturen einer einzigen Holz-
art, die uns die beachtlich entwickelte Technik im
Waldbau des vorigen Jahrhunderts beschert hat,
besonders zu gefährlichen Massenvermehrungen
VON WILHELM SCHMIDT-COLlNET
einzelner Schädlinge führten, Die damals besonders
in Norddeutschland begründeten Reinkulturen von
Kiefer oder Fichte haben uns Verheerungen von bis-
her unbekanntem Ausmaß gebracht. Waldbrände,
Insektenfraß und Pilzerkrankungen von schier kata-
strophalem Umfang vernichteten die mühsam und
mit viel Kunst aufgebauten Forsten wieder. Der
Schaden war ungeheuer.
Es wäre allerdings ein Irrtum, zu glauben, daß nicht
auch der Urwald derartige Kalamitäten kennt. In
den artenarmen gleichförmigen Urwäldern der nörd-
lichen Breiten, vor allem in Kanada, gehören viel-
mehr Katastrophen von riesigem Ausmaß, wie Sturm-
schäden oder durch Blitz entfachte Waldbrände oder
auch Insektenkalamitäten, geradezu zum Leben des
Urwaldes wie die Geburtswehen zum Leben des
Menschengeschlechtes, Sie bilden dort erst die V or-
aussetzung für eine Erneuerung und Verjüngung
des Waldes, der gerade dadurch allerdings auf den
so entstandenen Kahlflächen wieder erstaunlich
gleichaltrig und gleichförmig heranwächst. Viel
gesicherter steht demgegenüber der von einer Un-
zahl verschiedenster Arten gebildete Urwald der
tropischen Breiten da, dem derartige ..Epidemien"
unbekannt sind.
Die Erkenntnis dieser Zusammenhänge und der bei
der gleichförmigen künstlichen Bestandesbegrün-
dung auf großen Flächen lauernden Gefahren rief
den aktiven Forstschutz auf den Plan, forderte aber
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vor allem auch vor b e u gen d e Maßnahmen,
welche die Erhaltung der "Wal d h y g i e n e" zum
Ziel haben, Denn Vorbeugen ist besser als Heilen!
Gerade bei den Planungen der großen Auf f 0 r -
s tun g s pro g r a m m e im 0 s te n müssen die
aus der früheren Entwicklung so bitter erworbenen
Erfahrungen nutzbar gemacht werden. Nur so kön-
nen neue Massenschäden vermieden werden. Die
ersten Ankündigungen der erst im letzten Jahrhun-
dert bei uns in diesem Ausmaß aufgetretenen In-
sekten, der Nonne, des Kiefernspanners, der Forl-
eule, des Kiefernspinners und anderer mehr, waren
wahre Alarmnachrichten,
Nun taucht hier wieder ein bisher in diesem Raume
wenig beachteter und ziemlich unbekannter Kiefern-
Großschädling auf, der ganze Waldkomplexe des
Generalgouvernements zu vernichten droht: die
große K i e fe rn g e s pi n s t b I a t t wes pe, Lyda
jcellata Christ. Ihre Biologie ist noch keineswegs
genau bekannt und in der forstlichen Literatur bis-
lang nur unvollkommen beschrieben. Sie war zwar
bereits seit längerer Zeit, etwa seit 1925, laufend in
den Kiefernbeständen der Niepolomicer Heide un-
weit Krakaus und an einigen anderen Orten Ober-
schlesiens beobachtet, trat damals jedoch nur in un-
bedeutendem Umfange auf und bildete nur einen
ungefährlichen "eisernen Bestand" ihrer Art.
Die Gründe für ihre plötzliche Massenvermehrung
sind noch nicht vollkommen geklärt. Erfahrungs-
gemäß wird gar zu leicht bei plötzlichen Massen-
vermehrungen forstlicher Schädlinge behauptet, sie
seien aus fremden Gebieten eingewandert oder ein-
geschleppt. Ähnlich wie bei Epidemien des Menschen
auch. Vielleicht haben die letzten außergewöhn-
lichen kalten Winter die Feinde der Lyda, vor allem
Tachinen und Schlupfwespen, vermindert, während
sie selbst sehr frosthart ist. Eine Vermehrung be-
stimmter Insekten ist allgemein auch früher (z, B.
1870/71 und 1879/80) schon in den auf besonders
kalte Winter folgenden Sommern beobachtet. Die
Ursache der jetzigen Massenvermehrung wird ebenso
wie überhaupt die Biologie der Lyda noch eingehend
von der Forstlichen Versuchsanstalt der Hauptab-
teilung Forsten in Krakau untersucht, wo namhafte
polnische Forstentomologen von internationalem
Ruf gemeinsam mit der deutschen Forstverwaltung
an der Lösung dieser fÜr die Forstwirtschaft so
bedeutenden Fragen mitarbeiten,
Die schon angedeuteten Zusammenhänge in der
Lebensgemeinschaft Wald sind viel zu verwickelt,
als daß hier vorzeitig Schlüsse gezogen werden
dürften. Eins aber steht fest: der nördliche Teil des
befallenen Waldkomplexes, der feuchtere Partien
enthält mit einem größeren Anteil von Misch-
hölzern, insbesondere von allen möglichen Laub-
holzarten, ist von der Lyda viel weniger oder gar
nicht befallen. Unter den beiden maßgebenden Fak-
toren für eine gefährliche Massenvermehrung, näm-
lich der Zahl der Nachkommen und dem Widerstand
der Umwelt (Witterung, Parasiten, Krankheits-
erreger), wird hier der normale Ausgleich am ehe-
sten erhalten oder wiederhergestellt. Wie schnell
dagegen unter unnatürlichen Verhältnissen das
künstlich ausbalancierte Gleichgewicht durch irgend-
36
eine Ursache umgestoßen werden kann, zeigen die
reinen, nicht standortgemäßen Kiefernbestände im
Süden der Heide:
Im Herbst 1942 wurden hier bei Probesuchen plötz-
lich stellenweise 1200 und mehr Larven der Kiefern-
gespinstblattwespe auf einem Quadratmeter ge-
funden, während die "kritische" Zahl, die bestandes-
gefährdend sein kann, für Lydaarten auf etwa
20 angegeben war, soweit die Literatur für die
Lyda überhaupt Angaben hierüber enthielt. Schon
nach dieser Feststellung war also mit einem Massen-
flug im Jahre 1943 zu rechnen, Die stark befallene
Fläche war bereits etwa 2000 ha groß. Die Larve
der Lyda bleibt drei Jahre lang im Boden liegen,
ohne in dieser Zeit Nahrung aufzunehmen - ein
biologisches Wunder! Im September des zweiten
Jahres zeigen sich gewisse Veränderungen an der
Larve, die sogenannten "Imaginalaugen", die einen
Schluß auf die voraussichtlich im nächsten Jahr
schlüpfenden Imagines zulassen. Schon im Herbst
1942 wurden in unserem Fraßgebiet über 50°/, der
Larven mit diesem Kennzeichen ermittelt. Das war
für das Flugjahr 1943 eine weitere Alarmmeldung.
welche die sowieso schon begründete Vermutung
einer Massenvermehrung für 1943 verstärkte.
Zum Verständnis der Bekämpfungsmethoden müssen
hier ganz kurz einige Angaben über die Biologie
unseres Schädlings gemacht werden: Anfang März
verpuppen sich die Larven mit "Imaginalaugen".
Nach kurzer Puppenruhe schlüpfen die Wespen etwa
Mitte April, begatten sich meist an den unteren
Stammteilen und schwärmen dann rege in der Sonne
in den Baumkronen. Das Weibchen legt je 1 kahn-
förmiges Ei an eine Kiefernnadel, im ganzen etwa
100 Eier, Hieraus schlüpfen in den ersten Maitagen
die kleinen Afterräupchen, heften gleich beim
Schlüpfen ihren Faden rechts und links an die Nadel
und beginnen, sich mit Hilfe eines Gespinstes fort-
zubewegen. Da sie nur drei Beinpaare auf den vor-
dersten Segmenten haben, können sie nämlich mit
denselben nicht laufen oder kriechen.
Nun beginnen die kleinen Larven gleich ungeheuer
gefräßig ihr fortschreitendes Zerstörungswerk an
den Nadeln. Sie beißen die Nadeln an der Basis ab
und ziehen sie zum Fraß in ihr Gespinst hinein,
welches immer dichter wird. Bei ihrer Freßgier füllt
sich das Gespinst bald mehr und mehr mit Kot und
schließt die Larve darin immer dichter von der Um-
welt ab. Nach etwa 4 1 /t Wochen läßt sich die Larve
aus der Krone zu Boden herab. nachdem sie einige
Häutungen im Verlaufe ihres Wachstums durch-
gemacht hat. Sie bohrt sich dann gleich etwa
15-20 cm tief durch Streu und Auflagehumus in den
Erdboden ein und bleibt dort wieder drei Jahre un-
tätig liegen.
Bei dieser Gelegenheit sei nebenbei noch eine der
vielen Eigentümlichkeiten aus dem Leben der Lyda
erwähnt: Die Larven haben auf den grünen Kiefern-
nadeln zur Zeit ihres Fraßes eine grünliche Fär-
bung, die ihren Feinden das Auffinden erschwert.
Auch ihr Kot ist zu dieser Zeit grün. Noch bevor
sie sich auf den gelben Sandboden der von ihnen
bevorzugten Kiefernstandorte herablassen, wechseln
sie die Farbe und werden buttergelb. Der Kot nimmt
/Image0043_0001.djvu
dann eine rötliche Farbe an.
Ein interessantes Beispiel von
Mimikry I
Nun zu den Bekämpfungs-
met h 0 den.
Alle früher schon von der pol-
nischen Forstverwaltung ver-
suchten Bekämpfungsmittel hat-
ten völl ig versagt. Am wirkungs-
vollsten waren noch die biolo-
gischen Maßnahmen: Die Sauen
hatten reichlichen Fraß, auch
die in den Vorjahren künstlich
vermehrten Ameisen .haben in
ihrem Bereich geholfen, die
Ordnung im Walde wiederher-
zustellen, nicht zuletzt die Vögel
taten das Ihre, die mit Nist-
kästen in großer Zahl zum
Brüten eingeladen waren. Aber
gegen eine Massenvermehrung
solchen Ausmaßes waren sie
alle wirkungslos.
Als einziges aussichtsreiches
Bekämpfungsmittel blieb nur
noch eine Bestäubung des In-
sektes mit einem Fra ß g i f t.
Denn gegen Kontaktgifte, die
schon allein durch die Berüh-
rung wirken und den Vorteil
schnellerer Wirkung bei den
Schädlingen mit geringerer Ge-
fahr für die übrige Lebewelt
verbinden, ist die Larve schon
durch das Gespinst gut ge-
schützt. Aber auch Vergiftungs-
versuche, die Nunberg mit
Kontaktgiften (Verindal und
andere) an den bloßen Larven
hier im Laboratorium durch-
führte, waren ganz ergebnislos
und bewiesen nur die erstaun-
liche Unempfindlichkeit der
Larve. Die gleiche wunderbare
Widerstandskraft gegen Ein-
flüsse der Umwelt hat die Lyda gegenüber den
Parasiten bewiesen. Unter diesen sorgen vor allem
die Schlupfwespen und Raupenfliegen, welche als
Parasiten auf den Insekten leben, dafür, daß eine
Massenvermehrung einer Insektenart vermieden
wird. Sie üben dabei gewissennaßen die Rolle der
"Polizei im Walde" aus. Nun ist bei der Lydalarve
beobachtet, daß sie die eigentümliche Fähigkeit
besitzt, die in ihren Körper eingedrungenen Para-
siten (Tachinen, Raupenfliegen) abzukapseln und so
unschädlich zu machen. In einer einzigen weiter-
lebenden Lydalarve sind so schon acht Parasiten-
larven gefunden worden. Aus diesem Grunde ver-
sprach die Bekämpfung der Lyda durch künstliche
Vermehrung der Parasiten keinen Erfolg,
Auch die früher normale Art der Verstäubung des
Giftes mit M 0 tor ver s t ä u b ern vom Boden
aus war auf so großer Fraß fläche von mehreren
tausend Hektar in der kurzen Fraßzeit von höchstens
,
"
.
,
"
I
Die Giftstoffwolke in den Baumkronen als wirksames BekämpfungsmiUel gegen
den Kiefern-Großschädling Aufnahme: Schmidt-Colinrt
6 1 /! Wochen nicht annähernd zu bewältigen. So ent-
schloß sich die Forstverwaltung zur Bestäubung von
F lug z e u gen aus, zu der ersten Bestäubung die-
ser Art in diesem Raume überhaupt.
An sich ist die Bekämpfung von Insekten durch Aus-
streuen von Giftstoffen aus Flugzeugen nicht neu.
Der Gedanke stammt von dem preußischen Ober-
förster Zimmermann, Schleswig, der schon 1912 auf
ein solches Verfahren das Deutsche Reichspatent
erhielt. 1921 ist die Bestäubung aus Flugzeugen dann
zum ersten Male in USA verwirklicht worden, und
zwar bereits nach 46 Stunden mit einem 95Dfoigen
Erfolg.
Bei der Aktion in der Niepolomicer Heide ist der
fliegerische Einsatz vom F li e ger f 0 r s t s ch u tz-
ver ban d übernommen, der eigens für solche Ar-
beiten von der Luftwaffe errichtet ist. Die Leitung
und Ausführung der Aktion ist von dem vorbild-
lichen kameradschaftlichen Geiste zwischen Flie-
37
/Image0044_0001.djvu
gern und Forstmännern getragen, der die beiden
verschiedenen Einheiten schon durch ihren gemein-
samen höchsten Chef verbindet, den Reichsmarschall
Hermann Göring als Reichsminister der Luftfahrt
und Oberbefehlshaber der Luftwaffe einerseits und
Reichsforstmeister andererseits in Personalunion.
Die Flugzeugführer streuen das Gift aus Spezial-
maschinen mit einer besonderen Bestäubungsappa-
ratur. Sie fliegen dabei mit akrobatischer Geschick-
lichkeit kaum 1 m über den Baumkronen mit 150 bis
200 km/h dahin und legen in etwa 50 m Zwischen-
raum Streifen um Streifen des staubförmigen Fraß-
giftes auf die Baumkronen. So werden bei einer Be-
ladung von 1,2--1,8 t je Maschine in einem Bestäu-
bungsflug von 9 Minuten rd. 30 ha mit der Normal-
dosis von je 50 kg bedeckt. Die Zahl der möglichen
Flüge wird natürlich maßgebend von der Entfernung
der Bestäubungsfläche vom Flugplatz bestimmt, auf
dem die Maschine beladen wird. Im allgemeinen sind
die Flüge auf die Morgen- und Abendstunden be-
schränkt, weil am Tage der durch die Sonnenein-
strahlung und Erwärmung hervorgerufene Aufwind
(..Thermik") zu groß ist. Die leichte Staubwolke
würde dadurch über das Kronendach emporgehoben
und fortgeweht werden.
Die Bewältigung großer Flächen in kurzer Frist mit
geringem Arbeitsaufwand ist der große Vorteil der
Flugzeugbestäubung. Aber die Abhängigkeit von der
Witterung ist ihr Nachteil. Besonders W i n d, der
die Staubwolke leicht fortträgt, beeinträchtigt die
Arbeiten. Bei einer Windstärke über 1 rn/sec muß
die Arbeit abgebrochen werden. Bei den in diesem
Raume besonders heftigen Frühjahrswinden konnte
die ganze Arbeit dadurch in Frage gestellt werden
Es zeigt sich aber, daß der Wind selbst an Tagen
mit heftiger Luftbewegung sowohl abends als auch
frühmorgens oft schlagartig nachließ.
Wenn sich der Streifen der Staubwolke auf die Kro-
nen senkt, erfolgt darunter eine geringe Erwärmung,
welche die Staubwolke abermals nach oben wirbelt.
Dadurch wird die Krone besonders wirksam von
allen Seiten und mehrfach von dem Gift durchweht.
Ein ganz schwacher seitlicher Wind ist dabei nicht
ungünstig. Er verteilt die nebeneinanderliegenden
Streifen des Bestäubungsstoffes gleichmäßig über
das ganze Kronendach.
Während Kontaktgifte im allgemeinen sofort (späte-
stens in 6 Stunden) wirken, kann das Fraßgift natür-
lich erst nach Aufnahme in den Darmkanal wirksam
werden. Nun stellen manche Schädlinge bei trock-
\ .J
'l
----
2 d
Die große Kieferngespinstblattwespe Lyda stellata Christ.
links Weibchen. rechts Männchen
Aufnalune: Schmidt-Colinrt
38
nem Wetter den Fraß einige Zeit ein. Vielleicht hindert
sie auch der Giftstaub zunächst am Fressen, Aber Hun-
ger tut weh. Und die Larven der Lyda sind erst wäh-
rend ihres letzten Stadiums im Boden große Hunger-
künstler. An den Nadeln nehmen sie dagegen nach
drei Tagen gewöhnlich den Fraß wieder auf. Eine
entscheidende Wirkung kann deshalb gewöhnlich
erst nach dem dritten Tage nach der Bestäubung
beobachtet werden.
Der Erfolg der Arbeit ist in besonders hohem Maße
von den Nie der sc h I ä gen abhängig. Wenn
der Regen das Gift in der verhältnismäßig langen
Zeit bis zur Aufnahme durch die Afterraupe von den
Nadeln abwäscht, verfehlt es seine Wirkung. Vor
drohendem Regen kann deshalb gar nicht verstäubt
werden. Etwa nach der Bestäubung vom Regen ab-
gewaschene Giftmengen müssen womöglich bei
günstigerer Witterung durch neue Bestäubung wie-
der ersetzt werden. Schwache Feuchtigkeitsmengen,
Tau und feiner Sprühregen, welche das Gift nicht
von den Nadeln abzuwaschen vermögen, sondern
diese nur benetzen, stören nicht. Im Gegenteil kön-
nen die wasserlöslichen Teile des Staubmittels auf
feuchten Nadeln besonders schnell in Lösung gehen
und wirksam werden. Die an nassen Nadeln und
Raupen antrocknenden Staubteilchen haften beson-
ders gut.
Als B e s t ä u b u n g s mit tel wurden in der Nie-
polomicer Heide folgende Fraßgifte verwendet:
Hercynia braun Forst von der Firma Bochers, Gos-
lar, Forstesturmit von der Firma Merk, Darmstadt,
Meritol von der Firma Schering AG, Berlin. Sie alle
enthalten als wirksames Gift Arsen. Der Anteil des
reinen Giftes ist mit nur etwa 8 °/. aber so gering,
daß das Bestäubungsmittel für Mensch und Wild
nicht sehr gefährlich ist. Sogar die bis zu ihrer Reife
vom Regen genügend wieder gereinigten Blaubeeren
können ohne Gefahr gesammelt und genossen wer-
den, Nur Bienen, die den Giftstaub wie Pollen in
ihre Stöcke heimtragen, und so ihre ganze Brut ver-
giften können, müssen aus dem Bestäubungsgebiet
entfernt werden.
Bevor die eigentliche Bestäubung durch das Flug-
zeug einsetzen kann, müssen die zu befliegenden
Felder mit Flaggen, die über das Kronendach hinaus-
ragen, kenntlich gemacht werden. Diese und die
meisten anderen mit der Bestäubung zusammenhän-
genden Arbeiten werden nach Ratschlägen des Lei-
ters des Instituts für Waldschutz der Preuß. Ver-
suchsanstalt für Waldwirtschaft, Prof. Dr. Schwerdt-
feger (Schwerdtfeger: Prognose und Bekämpfung
forstlicher Großschädlinge) durchgeführt. Die Befe-
stigung der Flaggenstangen in den höchsten Baum-
kronen erfolgt durch Kolonnen mit geschickten
Waldarbeitern, die mit Spezialsteigeisen ausg£>rü-
stet sind.
Der Bestäubungsleiter mit Sitz in der Forstbefehls-
steIle im Bestäubungsgebiet ist durch eine direkte
Telefonverbindung mit dem forstlichen Platzbeauf-
tragten auf dem Flugplatz verbunden. Nur so oder
durch Funk ist eine schnelle Durchgabe der Start-
befehle möglich, die von den feinsten Wetterver-
änderungen im Bestäubungsgebiet abhängig sind.
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I 11 III Rpril Mai VI VII VUi -
Jahr IX X XI XI
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tarn In od.n C:)
Lar". m. Imaglna/aug.n
Pupp. _
Biologie der Lyda slellala
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Der forstliche Platzbeauftragte ist für die Beladung
der Maschinen und die planmäßige Verteilung des
Bestäubungsmittels auf die einzelnen Flugfelder ver-
antwortlich. Der fliegerische Einsatz dagegen unter-
steht dem Kommandoführer des Fliegerforstschutz-
verbandes,
Die Wir k u n g der Be s t ä u b u n g war im all-
gemeinen sehr zufriedenstellend, In mehreren Flug-
feldern sind fast 100% der Schädlinge abgetötet.
Im Durchschnitt der ganzen Fläche sind trotz man-
cher in der Witterung und dem Material begründeten
Hindernisse 91,5% erzielt.
Die K 0 s t e n der Arbeiten sind beträchtlich. Die
Bestäubungsmittel kosten etwa 100-120 Zl je 100 kg
frei Flugplatz. Bei 50 kg je Hektar sind das also al-
lein für die Giftmenge je Hektar 50-60 Zl. Daß dar-
über hinaus heute im vierten Kriegsjahr noch die
Bereitstellung der Flugzeuge und des für die Fluge
erforderlichen Treibstoffes durch die Luftwaffe er-
möglicht ist, zeigt. daß es der deutschen Forstver-
waltung nicht allein darum geht, den durch den Fraß
bedingten Zuwachsverlust für das eine Jahr zu ver-
meiden, Das allein würde diese Maßnahmen niemals
rechtfertigen, obwohl es sich dabei schon um be-
trächtliche Holzmengen handelt. Denn bei Unter-
stellung eines Zuwachses von 4 fm pro Jahr und
Hektar würden auf der bestäubten Fläche von rd.
2500 ha etwa 10000 fm Holz allein an Zuwachs in
dem einen Jahr gerettet. Aber dieser Gewinn würde
die Unkosten allein nicht aufwiegen. Wenn wir rein
mechanisch holzwirtschaftlich denken würden, so
wäre sicher der Einschlag aller verwertbaren Holz-
bestände im Befallsgebiet die wirksamste und schein-
(Schematische Darstellung)
bar rentabelste Bekämpfung des Schädlings. Diese
Denkart ist aber undeutsch. Es geht uns hier um die
S ich e run g des Wal d b e s t a n des auf lange
Sicht!
Die Beobachtung anderer Insektenkalamitäten hat
gezeigt, daß sie alle nach gewisser Zeit infolge Man-
gels an Nahrung für die Schädlinge nach Kahlfraß
oder in folge Uberhandnehmens ihrer natürlichen
Feinde wieder zusammenbrechen. Man kann f.ir
jeden der forstlichen Großschädlinge den normalen
Entwicklungsgang einer Kalamität schematisch be-
rechnen. Der Zusammenbruch derselben wäre auch
ohne menschliches Eingreifen nach einer ganz
bestimmten Anzahl von Jahren zu erwarten. Dann
ist der kahlgefressene Wald aber verloren. Deshalb
ist die rechtzeitige Bekämpfung nicht unnütz und
überflüssig.
Wenn wir untätig und resigniert die Hände in den
Schoß legen, würden zum Lyda-Kahlfraß die sekun-
dären Schädlinge noch ärger als die primären hin-
zukommen. Und es ist nicht sicher, ob dann der
Wald bestand überhaupt erhalten bliebe. Darum wird
gehandelt nach der Anweisung zur Uberwachung
und Bekämpfung der forstlich schädlichen Insekten:
"Die Sicherung des Waldes gegen die ihm aus der
Lebensweise zahlreicher Insektenarten drohenden
Schäden ist eine wesentliche Voraussetzung für den
Erfolg des forstlichen Handeins. Der Bekämpfung
der schädlichen Forstinsekten kommt daher ent-
scheidende Bedeutung zu."
Der Wald ist in Gefahr! Wir wollen ihn
e rh alt e n,
Deshalb fliegen wir gegen die Lyda!
39
/Image0046_0001.djvu
BUCHBESPRECHUNGEN
DEUTSCHE OSTFORSCHUNG. Band 1. Herausgegeben
von Hermann Aubin, Otto Brunner, WoIfgang Kohte und
Johannes Papritz. Band 20 der Reihe: Deutschland und
der Osten. Verlag von S. Hirzel in Leipzig, 1942. 596 Sei-
ten, geb. 20 RM, kart. 18 RM.
In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg hat die polnische
Geschichtswissenschaft eine geistige Offensive gegen die
westlichen und nördlichen Nachbarn des künstlichen
Staatsgebildes P01en entfaltet. Mit entstellenden Melho-
den wurden vieIftiltige Versuche unternommen, den An-
spruch auf die baltischen Ostseegebiete, auf Ostpreußen.
Pommern und Schlesien historisch zu begründen. Diesen
pseudowissenschaftlichen Publikationen hatte zunächst
die deutsche Gelehrtenwelt wenig entgegenzusetzen. Es
fehlte an Kenntnis der Siedlungs- und Kulturgeschichte,
an Erforschung der Beziehungen zwischen Deutschland
und dem Ostraum und an KlarsteIlung der Ergebnisse
deutscher Verwaltungstätigkeit und deutscher Leistungen
östlich der ddmdligen Grenzen des Reiches. Daß diese
Lücken in der deutschen Forschung schnell und gründlich
geschlossen wurden, ist vor allem Albert Brackmann zu
danken, dem langjährigen Lehrer der Geschichte an der
Berliner Universität und Generaldirektor der Preußischen
Staatsarchive. Er hat Polnisch zum Pflichlfach erhoben
und junge Wissenschaftler auf die großen Aufgaben hin-
gelenkt, die der deutschen Forschung im üslen war!e'en
Er hat aber auch weite Kreise der deutschen Wissenschaft
dafür gewonnen und durch Begründung von Zeitschriften,
Sammelwerken und Publikationsreihen Stein um Stein ein
Fundament geschaffen, das als Untermauerung des poli-
tischen Abwehrkamp(es gegen die polnischen Expansions-
gelüste unschätzbare Dienste leistete. Seine Erfüllung fand
c!.ies Werk, als Deutschland die Tradition der einstigen
deutschen Pionierarbeit im Osten wieder aufnahm und
das deutsche Schwert den Weg dazu gebahnt hatte. Zu
Albert Brackmanns 70. Geburtstag gab nun der Kreis der
um ihn gescharten Wissenschaftler den vorliegenden
Band heraus, in dem Ergebnisse und Aufgaben der deut-
schen Ostforschung seit dem ersten Weltkrieg in einer
Reihe von Aufsätzen und Unlersuchungen festgelegt sind.
Von den vorgeschichtlichen Fragen bis zur Geschichte du
Mittelalters, von den Problemen der Siedelungsforschung
bis zur Untersuchung der Mundarten und der Geschichte
der deutschen Dichtung des Ostens im Mittelalter werden
entscheidende Themen der deutschen Oslforschung be-
handelt. Autoritäten wie der Vorgeschichtler Prof. Un-
verzagt, der Historiker Aubin, ferner N. Krebs, E. o. Koss-
mann, ü. Reche, E. Keyser u. a. haben grundlegende Ar-
beiten beigesteuert. Besonders stark ist die Erforschung
der Geschichte des Mittelalters vertreten, jenes Gebiets,
das nach jeder Richtung hin immer noch die meisten Auf-
gaben einer KlarsteIlung deutschen Einflusses und deut-
scher Arbeit im Ostraum aufgibt. Das Buch ist gleichsam
eine Phalanx der dem Osten zugewandten deutschen
Wissenschaft und zeigt sie in sehr gesicherten Positionen
und im weiteu:n unaufhaltsamen Vorrücken.
Josef Tobias
NIKOLAUS KOPERNIKUS - DER DIE ERDE KREISEN
LIESS. Von Will-Erich Peuckert, Paul List Verlag, Leipzig
1943, 342 S. 1 Kartenblatt.
\Vill-Erich Peuckert, der bekannte schlesische Schrift-
steller und Kulturphilosoph, hat uns zum 400, Todestag
des großen deutschen Astronomen, Nikolaus Kopernikus,
"der die Erde kreisen ließ", diese Biographie geschenkt.
Sie wendet sich im Gegensatz zu den verschiedenen aus
diesem Anlaß erschienenen wissenschaftlichen Abhand-
lungen an ein großes Publikum. Peuckert verzichtet auf
ein besonderes Inhaltsverzeichnis und läßt die Gescheh-
nisse romanhaft abrollen, indem er sie in Jugend, Mannes-
jahre und Alter gliedert. Gleich die erste Seite zeigt auf,
worauf es dem Autor ankommt, nämlich nachzuweisen,
daß die Geschichte des Kopernikus "die Geschichte eines
geistigen, in das östliche Land geborenen deutschen
Mannes" ist, wobei es dem Verfasser natürlich noch be-
sonders wichtig ist, daß der große Forscher zugleich sei-
nem Erbgut nach Schlesier war.
Eine bedeutende Zusammenschau der allgemeinen geistes-
geschichtlichen Abläufe mit dem so zentralen Ereignis in
Frauenburg, nämlich der Erkenntnis der Erdbewegung
um die Sonne, vertieft die Darslellung und regt zugleich
an, wenn auch manches eigenwillige Urteil diskutierbar
wäre.
Es ist auf alle Fälle sehr zu begrüßen, daß ein der All-
gemeinheit so fernliegendes Gebiet wie der Astronomie
durch dieses Buch Peuckerts neues Veständnis gewonnen
und zugleich die entscheidende Leistung eines großen
Deutschen im Osten sichtbar herausgestellt wird. Wert-
voll ist die Beigabe eines ausfaltbaren Kartenblattes des
Ermlandes mit den Hauptwirkungsstätten des Astronomen.
Dr. Erwin Hoff
LAl\;DESKUNDE DES GENERALGOUVERNEMENTS. Von
Dr. Theodor Müller, Burgverlag Krakau GmbH., 135 Sei-
ten, 6 Zl. (3 RM).
Voraussetzung für jede erfolgversprechende Tätigkeit in
einem Lande ist die Kenntnis seiner Gegebenheiten in
physikalischer, geo-, wirtschafts- und bevölkerungspoliti-
scher Hinsicht, seiner Vergangenheit und derjenigen Ele-
mente, die die Träger der Gegenwartsentwicklung und
der Zukunftshoffnungen sind. Landeskunde ist in diesem
Sinne der umfassendste Ausdruck einer Darstellung, die
sich zum Ziel gesetzt hat, das Wissen um ein Land nach
jeder dieser Richtungen zu vermitteln. Wenn der Verfas-
ser dieser "Landeskunde des Generalgouvernements" ein-
leitend auch insbesondere hervorhebt, der deutschen
Lehrerschdft in diesem Raume für die ihr gestellte Er-
ziehungsaufgdbe ein "geeignetes Rüslzeug an die Hand
geben" zu wollen, so wendet sich seine Arbeit darüber
hinaus doch schlechterdings an jeden, der mit dem so
notwendigen Interesse an Land und Volk, an geographi-
schen und historischen Tatsachen an die ihm hier an-
vertraute Arbeit herangeht.
\Vohlgegliedert. in knapper, eindrucksvoller Darstellung
beschäftigt das Buch den Leser. Er erhält Kenntnis von
den großen Strömungen in der Geschichte des Raumes,
von dem gewaltigen deutschen Kultureinfluß bei seiner
Besiedlung, bei der Entstehung der sein Gesicht und sein
Geschick formenden Städte. von den auf Flur und Boden
gerichteten späteren Kolonisationsströmen unter Joseph 11.
und den Hauländer-Siedlungen, in einer die wesentlichen
Punkte straff zusammenraffenden Summierung, die auch
die Ereignisse unserer Tage in ihren Kreis einb::!zieht.
Dann wird der Leser in die landschaftliche Gliederung
des Rf'lumes eingeführt, erhält Kunde von Bodenbeschaf-
fenheit und Bevölkerungsverteilung, der Siedlungsformen
an Hand einprägsamer Flurkarten, von Städten, Verkehrs-
wegen und den großen Linien der Wirtschaft. In seinem
zweiten Teil beschäftigt sich das Buch mit den einzelnen
Landschaften des Generalgouvernements und bietet ein
aus Vergangenheits- wie Gegenwartsschau glücklich ver-
eintes Bild, auch hier aber wieder das Einzelne zusammen-
fassend unter den Gesichtspunkten einer großräumigen
Landschaftsbetrachtung. Eine große Zahl von Bildern -
Fotografien, Zeichnungen, Karten und Plänen - ergänzt
anschaulich den Text.
Eingestandenermaßen ist das Buch im wesentlichen als
Lehr- und LernbeheIf geschrieben. Da jedes Pathos ver-
mieden und größter Wert auf klare, einfache Sprache und
leichte Verständlichkeit des immerhin nicht jedem ohne
weiteres zugänglichen Stoffes gelegt ist, wird das Werk
auch außerhalb von Schule und Lehrsaal viele interes-
sierte Leser finden, Der Verfasser hat mit seiner Arbeit,
mit der sachlich-nüchternen Sammlung und der klar ge-
schauten Gliederung des Stoffes eine empfindliche Lücke
in dem noch spärlichen zeitgenössischen Schrifttum über
den Raum, der heute das Generalgouvernement ausmacht,
ausgefüllt.
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O. 1. Rodler
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ladlwerke
Kra ka u
Yerwaltungsamt
der Stadtwerke Krakau:
Gazowa 16, Ruf 2234S/47
Elektrizität:
Werkleitung Dajworstrasse 27, Ruf 223-80;4
Geschäftsstelle Matheusstrasse I, Ruf 222 -71
Gas:
Werkleitung Gazowagasse 16, Ruf 223-4Si7
Geschäftsstelle Stephansgasse I, Ruf 103-45
Wasser:
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setzen; denn dieser Schnellverband ist im Nu angelegt
und schützt die Wunde vor Staub und Schmutz Oben-
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